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Ein Bild von Petra Pawel, einer Dame in einem schwarzen Rollkragenpullover und goldenen Ohrringen. Sie trägt eine Brille mit goldenem Rand und Maskara und roten Lippenstift. Petra schaut nicht in die Kamera sondern auf die Katze in ihren Armen, eine schöne Katze mit schwarzen, orangenen und weißen Stellen. Die Katze sieht glücklich darüber aus gestreichelt zu werden und Petra sieht glücklich darüber aus sie zu streicheln.

Petra wohnt mit ihrer Familie in der Nähe von Stuttgart. Sie ist von einer juvenilen Makuladystrophie betroffen. Die Diagnose Morbus Best hat sie mit 37 Jahren erhalten. Bis dahin waren Makuladystrophien in der Familie unbekannt gewesen. Mittlerweile wurde die Erkrankung bei zwei von drei Kindern ebenfalls diagnostiziert. Bei ihr und ihrer Tochter sind die Symptome weniger stark ausgeprägt als bei ihrem Sohn.

Begonnen hat die Erkrankung schleichend. „Am Anfang“, sagt sie, „habe ich mal über meinen Mann hinweggesehen oder eine Freundin nicht erkannt.“ Später stellte sie fest, dass die Fugen der Fliesen im Badezimmer eher wie Wellenlinien ausschauten. Es folgte der Weg zum Augenarzt. Eine Altersbedingte Makula-Degeneration (AMD) stand zunächst im Raum, wurde aber später ausgeschlossen. Sicherheit brachte eine humangenetische Untersuchung. Während bei Petra eine trockene Form vorliegt, die schleichend fortschreitet, ist ihr Sohn von der feuchten Form betroffen, die sprunghaft verläuft. Diese feuchte Form wird ähnlich einer AMD mit VEGF-Hemmern (Injektionen ins Auge) behandelt, wenn zusätzliche Komplikationen vorliegen. Bei ihrem Sohn führte die Spritzenbehandlung allerdings bislang nicht zu einer Verbesserung.

Wenn Petra erklären soll, was sie bzw. wie sie sieht, sagt sie: „Wenn eine Person direkt vor mir steht, erkenne ich sie. In fünf Metern Entfernung aber kann ich nicht mehr sagen, um wen es sich handelt. Alles wirkt, als wäre es weit weg: verschwommen, neblig, verzerrt. Wenn ich etwas weiter weg stehe, habe ich das Gefühl, dass sich die Menschen auflösen.“

Unter optimalen Lichtbedingungen und aus unmittelbarer Nähe sieht sie dagegen noch gut. Die Pädagogin im Bereich Kunsterziehung an einer Ganztagsschule betont, dass sie von ihrem Arbeitgeber große Unterstützung erhält: So braucht sie beispielsweise in der Schule den Raum nicht zu wechseln und arbeitet in einem hellen Raum, in dem sich immer alles am angestammten Platz befindet. In einer Inklusionsvereinbarung hat sie die Rahmenbedingungen zusammen mit dem Arbeitgeber festgehalten.

Das Leben mit einer Seheinschränkung kostet viel Energie. Vor ein paar Jahren ging dann erstmal gar nichts mehr. Eine dauerhafte Fehlhaltung aufgrund der Seheinschränkung führte zu mehreren Bandscheibenvorfällen und schließlich zu einer reduzierten Stundenzahl. Sie macht Sport und versucht ihren Körper mit gesunder Ernährung, insbesondere viel grünem Gemüse, zu unterstützen.

Sehhilfen, Lupen und eine gut ausgeleuchtete Arbeitsumgebung sind für Petra die wichtigsten Hilfsmittel im Alltag. Außerdem benutzt sie phototrope (selbsttönende) Brillengläser, die ihr gegen die Blendungsempfindlichkeit helfen. Mit der Seheinschränkung geht sie offen um. Schülerinnen und Schüler wissen, wie sie sich zu verhalten haben. Sie wissen zum Beispiel, dass es nichts bringt, wenn sie ihre selbsterzeugten Kunstwerke zur Begutachtung aus der Entfernung in die Luft halten. Die Pädagogin weiß: „Für meine Schülerinnen und Schüler bin ich als Betroffene Normalität. Und das hilft ihnen sicher auch, über ihre eigenen Einschränkungen zu sprechen.“

Vor sechs Jahren, damals war sie 49 Jahre alt, hat sie eine deutliche Sehverschlechterung bemerkt. Ihr Restsehen liegt mittlerweile bei 20 Prozent auf dem besseren Auge, auf dem anderen sind es zehn Prozent. Kontraste und Farbsehen sind ebenfalls zurückgegangen. Zur augenärztlichen Kontrolle geht sie alle sechs Monate. Da sie an einer Morbus Best Beobachtungsstudie an der Uni Tübingen teilnimmt, verläuft die Kontrolle aktuell engmaschiger.

Petra ist aktives Mitglied im Arbeitskreis Eltern betroffener Kinder und nimmt regelmäßig an den Treffen des Jungen Forums Stuttgart teil. Wichtig ist ihr, ihre Erfahrungen weiterzugeben und zur Vernetzung der Betroffenen beizutragen. Sie sagt: „Damals kannte ich niemanden, der die gleiche Diagnose erhalten hatte. Es kommt so viel auf die Betroffenen und die Familien zu ... ich wünsche mir, dass Eltern und Kinder diesen Weg nicht allein gehen müssen.“