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Hypotrichose mit juveniler Makuladystrophie (HJMD) (Engl.: Hypotrichosis with juvenile macular dystrophy) ist eine sehr seltene genetisch bedingte Krankheit. Ein Kennzeichen ist ein sehr schwacher Haarwuchs, der bereits seit der Geburt zu beobachten ist. Hinzu kommt eine Seheinschränkung, die in den ersten beiden Lebensjahrzehnten fortschreitet.

HJMD gehört zu den Makuladystrophien. Da mit Haaren und Augen zwei Organe betroffen sind, gehört HJMD streng genommen zu den Syndromen. Darunter versteht man Erkrankungen, an denen mehr als ein Organ beteiligt ist. Weitere Organe als Haare und Augen sind bei HJMD nicht betroffen.

Was ist eine Makuladystrophie?

Engl.: macular dystrophies

Der Begriff „Makuladystrophie“ bezeichnet eine Gruppe erblicher Netzhauterkrankungen. Allen gemeinsam ist, dass vorwiegend oder ausschließlich die Netzhautmitte betroffen ist, die Makula. Die Makula ist die Stelle des schärfsten Sehens. Sie ermöglicht es uns zu lesen, Gesichter zu erkennen oder Farben zu unterscheiden. Bei den Makuladystrophien verliert die Makula ihre Funktion, der Betroffene kann nicht mehr scharf sehen. Allerdings führt die Erkrankung nicht zur Erblindung. Da der Außenbereich der Netzhaut nicht betroffen ist, können Menschen mit Makuladystrophie sich weiterhin im Raum orientieren.

Oft entwickelt sich die Erkrankung in den ersten beiden Lebensjahrzehnten. Der Verlauf und die Ausprägung der Krankheit sind individuell sehr unterschiedlich. Mögliche Maßnahmen, um die Symptome zu lindern, sind das Tragen einer Brille, Kantenfilter oder elektronische Hilfsmittel. Bei manchen Makuladystrophien führen Therapien mit Injektionen von Medikamenten zu einer Verbesserung des Krankheitsbildes.

Symptome

Bei der HJMD wächst das Kopfhaar sehr spärlich. Es ist sehr dünn und bricht nach wenigen Millimetern ab. Die übrige Körperbehaarung ist normal.

Die Diagnose kann bereits aufgrund der Haarveränderungen gestellt werden. Später entwickeln sich zusätzlich typische Symptome einer Makuladystrophie.

Typische Symptome sind:

  • Verlust der Sehschärfe (Visus): Verlust der Fähigkeit, Gegenstände scharf zu sehen, zu lesen, Gesichter zu erkennen.
  • zentrale Gesichtsfeldausfälle (Skotome): Der Betroffene hat Schwierigkeiten, Details zu sehen und zu fixieren, also vor allem beim Lesen und dem Erkennen von Personen, ohne die Augen zu bewegen. Die Skotome bei HJMD entwickeln sich fortschreitend: Erst handelt es sich um zentrale Gesichtsausfälle, dann auch um periphere Gesichtsausfälle. Diese peripheren Skotome betreffen die Randbereiche des Sehens. Die fortschreitende Entwicklung erfolgt vor insbesondere beim Übergang der HJMD in eine Zapfen-Stäbchen-Dystrophie.

Diagnose

Ein Arzt in weißem Kittel erklärt einer Frau auf einem Computer ein Bild ihres Augenhintergunds
Diagnosebesprechung beim Augenarzt

Die augenärztliche Untersuchung sollte umfassen:

  • Prüfung der Sehschärfe und Brechkraft der Augen; von der Brechkraft hängt die Sehschärfe ab
  • Untersuchung der vorderen Augenabschnitte
  • Untersuchung des Augenhintergrunds

Diese ergänzenden Untersuchungen helfen, um HJMD von anderen Makuladystrophien zu unterscheiden:

  • Bildgebung der Netzhaut: OCT, Autofluoreszenz
  • Elektrophysiologie: multifokales Elektroretinogramm (mfERG), Ganzfeld-Elektroretinogramm (ERG)
  • Molekulargenetische Diagnostik

Dermatologie: ektodermale Dysplasie

Mögliche Befunde der Untersuchungen

Ursache

Ursache der autosomal rezessiv vererbten Erkrankung sind Varianten im CDH3-Gen. Dieses Gen trägt die Informationen für p-cadherin. Dabei handelt es sich um ein Kalzium-bindendes Protein. Dieses Protein ist in unterschiedlichen Geweben für die Kontakte zwischen den Zellen zuständig. Man spricht dabei von Zell-Zell-Kontakt. Dieser Zell-Zell-Kontakt ermöglicht eine Vielzahl von Folgereaktionen und ist somit sehr wichtig für den Organismus.

Ähnliche Veränderungen können aber auch beim EEM-Syndrom (Ektodermaler Dysplasie, Ektrodaktylie und Makuladystrophie) auftreten. Dieses Syndrom kann verbunden sein mit Varianten im CDH3- oder TP73L-Gen.

mehr zum Thema Genetik

Wenn Sie eine erblich bedingte Netzhauterkrankung haben, können Sie sich in das Patientenregister von PRO RETINA eintragen lassen. Dann erfahren Sie von klinischen Studien, an denen Sie teilnehmen können und tragen dazu bei, Netzhauterkrankungen näher zu erforschen und Therapien zu entwickeln.

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Therapie

Eine Therapie zur Heilung von HJMD gibt es derzeit nicht. Allerdings werden Therapiemöglichkeiten in verschiedenen Studien untersucht.

Folgende Maßnahmen sind unabhängig von der genetischen Ursache bei Makuladystrohien sinnvoll:

  • Bei Kindern bis zum 6. Lebensjahr: Ausgleich eines Brechkraftfehlers zur Vermeidung einer Schwachsichtigkeit (Amblyopie). Auch bei geringer Sehschärfe ist dies sinnvoll, z.B. für die später Nutzung von vergrößernden Sehhilfen.
  • Bei allen: Ausgleich eines Brechkraftfehlers, halbjährliche Kontrollen im Kindes- und Jugendalter
  • Elektronische Hilfsmittel zur Vergrößerung und Kontrastanpassung: z.B. Tablet-Computer, spezielle Hilfsmittel für Schule, Ausbildung und Beruf
  • Gegebenenfalls Schutzmaßnahmen (Mütze, Lichtschutzbrille) bei Photophobie
  • Gegebenenfalls Frühfördermaßnahmen
Laptop, auf dem PRO RETINA-Seite geöffnet ist. Daneben liegen Kopfhörer.
Digitalisierung ©PRO RETINA

Infomaterial zu HJMD

In unseren Broschüren und Flyern, Videovorträgen und Podcasts finden Sie weiter Informationen und Berichte zur Erkrankung HJMD.

zur Infothek

Aktuelles aus Forschung und Therapie zu HJMD

Alle Krankheitsbeschreibungen wurden gemeinsam mit Medizinerinnen und Medizinern geschrieben. Diese Informationen von PRO RETINA ersetzen jedoch keine individuelle medizinische Beratung. Lassen Sie sich daher zu Ihren individuellen Möglichkeiten für die Diagnosestellung und Therapie von Ihren behandelnden Ärztinnen und Ärzten beraten – Augenärzten, Humangenetikern sowie gegebenenfalls weiteren Fachärzten insbesondere, wenn außer den Augen auch Organe betroffen sind, wie dies bei Syndromen der Fall ist. Ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte können Sie auch darüber informieren, welche neuen Erkenntnisse es zu Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie gibt.