Von Redakteur Alexander Gumbert
Wie in der vergangenen Ausgabe angekündigt, setzen wir die Vorstellung der PRO RETINA Ehrenmitglieder fort. In dieser Ausgabe erfahren Sie mehr über die beiden Gründungsmitglieder Marieanne Brendel und Wolfgang Galetz. Mit Marieanne Brendel sprach Redakteurin Hildegard Iverson. Die Redaktion bedankt sich sehr herzlich bei den Interviewten und wünscht für die Zukunft alles Gute.
Gründungsmitglied Wolfgang Galetz ist 1944 geboren worden und lebt heute mit seiner Lebensgefährtin in Hummeltal im Landkreis Bayreuth. Die Familie Galetz ließ sich in Franken nieder, nachdem sie aus Schlesien flüchten musste. Mit 15 Jahren erhielt er die Diagnose Retinitis pigmentosa (RP). Der ausgebildete Industriekaufmann, später beschäftigt im gehobenen Dienst bei der Deutschen Rentenversicherung, war Ende der 1970er Jahre stellvertretender Vorsitzender der PRO RETINA. „Aufgrund meiner beruflichen Tätigkeit beherrschte ich das Maschinenschreiben. Das war für den Job nicht gerade hinderlich“, sagt er und schmunzelt dabei. Mit Galetz zu telefonieren ist eine Freude. Sein Humor ist intelligent, augenzwinkernd erzählt er so manche Anekdote, manchmal gewürzt mit einer Prise Ironie. Stolz ist er auf drei Kinder und vier Enkelkinder, mit denen er viel Zeit zu verbringen versucht. Stolz ist er aber auch darauf, dass er bei der Gründung der PRO RETINA dabei gewesen ist: „Das ist eines der Dinge, die mir in meinem Leben am besten gelungen sind“, sagt er.
Aufruf per Zeitungsannonce
An den ersten Kontakt mit Dr. Rainald von Gizycki erinnert er sich noch sehr gut. Eine seiner fünf Schwestern arbeitete damals in Frankfurt bei der Lufthansa. Sie teilte ihm mit, dass sie eine Zeitungsannonce gefunden habe. Darin werde zur Gründung einer Vereinigung von RP-Betroffenen aufgerufen. Galetz rief unter der genannten Nummer an. Am anderen Ende erreichte er den heutigen PRO RETINA Ehrenpräsidenten Rainald von Gizycki. Galetz erzählt, er sei sofort begeistert gewesen und habe gespürt, dass da jemand mit einer Vision gewesen sei. Die beiden verabredeten sich zu einem ersten Treffen in Kelkheim im Taunus. Das war 1977, Wolfgang Galetz war damals 33 Jahre alt.
Begeisterung für Forschungsthemen
Er erzählt, dass es in der Gründungsphase erst einmal darum gegangen ist, auf die Erkrankung aufmerksam zu machen. Infostände wurden aufgebaut, es wurde Geld gesammelt für die Erforschung der Erkrankung. Ein bisweilen mühsames Geschäft – man musste sich alles selbst aneignen, denn über die Erkrankung war zu dieser Zeit kaum etwas bekannt und unter den Gründungsmitgliedern gab es keine Medizinerinnen oder Mediziner.
Geblieben ist die Begeisterung für Forschungsthemen. Er verfolgt nicht nur begeistert, was sich in der Medizin so tut. Es ist Anfang Oktober. Die Nobelpreise werden verliehen. Er spricht über die Verleihung des Nobelpreises für Chemie. Die beiden Preisträger und die Preisträgerin haben Mechanismen entwickelt, die es ermöglichen, Moleküle aus kleinen Einheiten schnell zusammenzubauen. Die sogenannte Click-Chemie funktioniert nach einer Art LEGO-Prinzip.
Galetz ist fasziniert von dem, was mittlerweile mithilfe der Gendiagnostik und der Genschere CRISPR/Cas möglich ist. „Man muss demütig bleiben, aber die Werkzeuge werden immer besser und können immer sicherer eingesetzt werden“, beschreibt er die Entwicklung.
Zrenner und Krastel als Vorbilder
Als ein großes Vorbild, als „Leuchtturm“ bezeichnet er den Vorsitzenden des Wissenschaftlichen und Medizinischen Beirats der PRO RETINA (WMB) Professor Eberhart Zrenner, ohne den viele Entwicklungen nicht möglich gewesen wären. Zrenner und Professor Hermann Krastel seien die wichtigsten Verbündeten im Kampf gegen die RP gewesen, zwei der ganz wenigen, mit denen man zu diesem Zeitpunkt auf Augenhöhe habe reden können. Wolfgang Galetz hat das auch ganz anders erlebt. Man habe RP-Patientinnen und -Patienten damals schon mal ungefragt Studierenden vorgeführt, was er als demütigend empfunden hat.
Heute ist er froh, dass so viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit PRO RETINA im Austausch sind. Erst vor Kurzem hat er in Basel am Institute of Molecular and Clinical Ophthalmology (IOB) mit Professor Hendrik Scholl darüber gesprochen.
Dazu muss man wissen, dass die PRO RETINA-Stiftung unter anderem 2021 ein Stipendium für die Promotion von Dr. Lucas Janeschitz-Kriegl am IOB vergeben hat, die von Scholl betreut wird.
Große Dankbarkeit empfindet er auch gegenüber Anne Kinski vom Arbeitskreis Sport der PRO RETINA, die mit ihren Projekten Spenden für die Forschung einwirbt. Galetz: „Es gehört Mut dazu und Überzeugung. Wenn ich das höre, dann lacht mir das Herz, dann bin ich völlig begeistert.“ Für die Zukunft wünscht er sich eine engere Zusammenarbeit und eine gute Kommunikation zwischen Verein und Stiftung, damit die gemeinsamen Ziele energisch verfolgt werden können sowie eine Spendenaktion zugunsten der Forschungsförderung.
Enkelin Mila hat sich vom Großvater unlängst die Netzhaut erklären lassen. „Mit großem Verständnis hat mir das Kind Fragen gestellt, die mich selbst verblüfft haben. Vielleicht wird das mal eine für die Forschung. Träumen darf man doch“, sagt Galetz und lacht.