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8. Internationales PRO RETINA-Forschungskolloquium in Potsdam

Beim 8. internationalen PRO-RETINA-Forschungskolloquium kamen Ende März rund 140 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Mediziner und Patienten aus Europa und den USA in Potsdam zusammen. Vor der Kulisse des Templiner Sees stand der interdisziplinäre Austausch zwischen Grundlagenforschung und klinischer Forschung im Mittelpunkt. Besonderes Gewicht hatte erneut der Dialog zwischen Nachwuchsforschenden und erfahrenen Expertinnen und Experten.

Eröffnung und Einleitung

Nach der Begrüßung durch die PRO-RETINA-Stiftung eröffnete Prof. Gerald Chader (Los Angeles) das Kolloquium mit einer Keynote-Lecture unter dem Titel „RD Research: Moving from Scientific Darkness to the Enlightened Era of Clinical Trials“. Er skizzierte eindrucksvoll die therapeutischen Fortschritte bei degenerativen Netzhauterkrankungen und hob die enorme Entwicklung der vergangenen 20 Jahre hervor.

Aktuelle Behandlungsansätze

Inzwischen sind rund 190 Gene bekannt, deren Mutationen zu erblichen Netzhauterkrankungen führen. Auf dieser Grundlage werden vielfältige therapeutische Strategien erprobt:

  • Elektronische Retina-Implantate, subretinal oder epiretinal, für Fälle fortgeschrittener Photorezeptor-Degeneration
  • Optogenetik, bei der lichtsensitive Proteine wie Kanalrhodopsin in verbliebene Netzhautzellen eingebracht werden
  • Transplantation von Photorezeptor-Vorläuferzellen oder Stammzellen
  • Neuroprotektive Faktoren wie CNTF, insbesondere wenn noch ausreichend Photorezeptoren vorhanden sind
  • Nahrungsergänzungen (Antioxidantien, Lutein, Zeaxanthin, Omega-3-Fettsäuren) insbesondere bei AMD
  • Gentherapien, etwa für die Lebersche kongenitale Amaurose (RPE65), die bereits in klinischen Studien Sicherheit und Wirksamkeit gezeigt haben

Chader betonte, dass die Kombination verschiedener Ansätze zukünftig eine wichtige Rolle spielen könnte. Trotz des großen Fortschritts gebe es weiterhin zahlreiche offene Fragen auf molekularer und zellulärer Ebene.

Forschungsansätze

Die wissenschaftlichen Sitzungen beleuchteten vielfältige aktuelle Forschungsstränge:

  • Müller-Gliazellen und Makulaödem (Dr. Antje Grosche, Leipzig)
  • Optogenetische Reaktivierung von Zapfen bei fortgeschrittener Netzhautdegeneration (Dr. Volker Busskamp, Boston)
  • Remofuscin zur Reduktion von Lipofuszin in RPE-Zellen (Dr. Antje Biesemeier, Tübingen)
  • Rolle der Rho/Rho-Kinase (ROCK) bei Makrophagenrekrutierung und CNV (Dr. Souska Zandi, Genf)
  • Grenzen der Translation vom Tiermodell in die Klinik (Prof. Ulrich Dirnagl, Berlin)

Gentherapie

Prof. Peter Charbel Issa (Bonn) stellte einen Überblick über Chancen und Herausforderungen gentherapeutischer Ansätze vor. Das Auge eigne sich besonders gut für diese Therapien, dennoch erforderten Effektivität, Sicherheit und individuelle Unterschiede differenzierte Herangehensweisen.

Fortschritte in der Diagnostik

Prof. Bernhard Weber (Regensburg) erläuterte Fortschritte der Hochleistungs-DNA-Sequenzierung. Moderne Verfahren wie Next Generation Sequencing erlauben breitere und schnellere Analysen. Eine große Herausforderung bleibe die Interpretation der Daten.

Zukünftige AMD-Therapien

Dr. Peter Westenskow (San Diego) berichtete über Arbeiten mit iPS-Zell-abgeleiteten RPE-Zellen, die in Tiermodellen Photorezeptoren stabilisieren und Sehkraftverlust verlangsamen konnten – ein vielversprechender Ansatz für künftige Therapien.

Mathematische Modelle

Dr. Christoph Wierling (Berlin) präsentierte computergestützte Modelle zur Analyse biochemischer Reaktionen und zur Vorhersage von Krankheitsverläufen und Therapieoptionen – ein innovativer Ansatz, der jedoch weiterer Daten und Parameter bedarf.

Mechanismen retinaler Regeneration

Prof. Michael Brand (Dresden) zeigte am Zebrafischmodell, dass der FGF-Signalweg eine zentrale Rolle bei der Regeneration der Retina spielt.

Evaluierung von Zielgenen für Medikamentenwirkung

Dr. Linda McCarthy (London) präsentierte Ergebnisse zur computergestützten Modellierung von Medikamentenwirkungen bei AMD. Die Modelle zeigen bereits hohe Übereinstimmung mit realen Therapieverläufen und könnten künftig präventive Strategien unterstützen.

Postersession und Auszeichnungen

Die Postersession bot ein lebendiges Forum für wissenschaftlichen Austausch, begleitet von Live-Musik. Aus 54 eingereichten Beiträgen wurden die sechs besten Poster ausgewählt; drei davon erhielten den Poster Award 2013:

  • Katharina Bauß (Mainz): MAGI2 links the periciliary Usher syndrome protein network to endocytosis
  • Christiane Sippl (Regensburg): Effects of optineurin on retinal neurons in vitro and in vivo
  • Patrick Zägel (Oldenburg): Cone-rod dystrophy related mutations in rod and cone guanylate cyclase impair the Ca²+ dependent regulation of phototransduction

Fazit

Das Forschungskolloquium – unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Klaus Rüther, Prof. Olaf Strauß und Prof. Bernhard Weber – bestätigte erneut seine besondere Bedeutung als Plattform für intensiven fachlichen Austausch zwischen Grundlagenwissenschaft und klinischer Forschung. Der internationale Charakter und die Vielfalt der Beiträge machten deutlich, wie dynamisch und innovativ die Forschung zu degenerativen Netzhauterkrankungen voranschreitet.

Quelle: Der Augenspiegel