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Biologische Sehforschung: "Parabolspiegel" auf der Retina

Biologische Sehforschung: "Parabolspiegel" auf der Retina

Verschiedene Meldungen berichten dieser Tage wieder einmal über Ergebnisse der biologischen Sehforschung, die vielleicht in der einen oder anderen Art und Weise einmal auch für unseren Personenkreis interessant sein könnten?

Besonderheiten der Retina des Elefantenrüsselfisches

Ein internationales und interdisziplinäres Team aus Neurobiologen, Zoologen und Physikern hat nachgewiesen, dass das Auge des Elefantenrüsselfisches besondere Eigenschaften aufweist. Es kann eintreffendes Licht verstärken uns sieht sehr schnell.

Elefantenrüsselfische leben in trüben Gewässern in Westafrika. Um sich zu orientieren, nutzen sie ein selbst hergestelltes elektrisches Feld. Dies deckt allerdings nur einen Bereich von etwa zehn Zentimetern ab. Die Forscher haben nun nachgewiesen, dass sich der Fisch für größere Distanzen auf seine Augen verlässt - und diese besondere Eigenschaften haben: Die Zapfen der Netzhaut sind in eine becherartige, verspiegelte Struktur eingebettet, sodass das eintreffende Licht verstärkt wird. Die lichtempfindlichen Stäbchen hingegen liegen darunter; sie erreicht weniger Licht.

Was das für die Sicht des Fisches bedeutet, haben Juniorprofessor [Dr] Jacob Engelmann von der Fakultät für Biologie der Universität Bielefeld und sein Doktorand Roland Pusch (Universität Bonn) durch physiologische Messungen im Sehzentrum nachgewiesen: Normalerweise arbeiten die empfindlichen Stäbchen nur in der Dämmerung und tragen im Hellen nicht zum Sehen bei. Aufgrund ihrer geschützten Lage sind die Stäbchen des Fisches jedoch auch im Hellen noch funktionsfähig. Die Messungen legen dabei nahe, dass die Information von Stäbchen und Zapfen gemeinsam verarbeitet werden und sich ihre normalerweise getrennten Funktionen, nämlich das Schwarz- Weiß-Sehen bei Nacht und das Farbsehen bei Tag, verbinden. Das Tier verliert die Möglichkeit Farben zu trennen, erhöht aber gleichzeitig die Lichtausbeute. „In den trüben Gewässern, in denen der Elefantenrüsselfisch vorkommt, ist es vor allem das rote Licht, das sich ausbreiten kann. Dieses verstärken die Becherstrukturen, sodass der Fisch als Folge sozusagen rot sieht“, sagt Engelmann.

Darüber hinaus konnten Engelmann und Pusch feststellen, dass der Elefantenrüsselfisch überraschend "schnell" sieht: nämlich 50 Bilder pro Sekunde. Die zum Vergleich untersuchten Goldfische konnten nur 30 Bilder sehen. Gemeinsam mit der Kombination von Stäbchen und Zapfen hilft diese schnelle Reizverarbeitung dem Fisch, nahende Feinde auch im trüben Wasser zu erkennen und schnell auszuweichen.

Internationaler Projektverbund

Die Forschung am Elefantenrüsselfischauge fand unter anderem im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts "Die Retina von schwach-elektrischen Fischen - ein hochspezialisiertes Sinnesorgan mit unbekannten Funktionsprinzipien" statt. Beteiligt waren neben der Universität Bielefeld die Universitäten Bayreuth, Bonn, Dresden, Cambridge, Leipzig, Mainz, Tübingen sowie das Pavlov Institut für Physiologie in St. Petersburg und das Institut für Augenheilkunde in London.

„Der Elefantenrüsselfisch ist evolutionär sehr gut an seinen trüben Lebensraum angepasst“, sagt [Prof] Andreas Reichenbach vom Paul-Flechsig-Institut der Universität Leipzig. „Das konnten wir im internationalen Verbund fachübergreifend und detailliert nachweisen.“ Die Retina des Fischs ist mit Parabolspiegeln ausgekleidet, in deren Brennpunkt sich die Zapfen befinden. Durch diese Spiegel wird das eindringende Licht gebündelt und so auf die wenig lichtempfindlichen Zapfen projiziert, um ihre Lichtausbeute in den Tiefen des trüben Wassers zu optimieren. Die weitaus empfindlicheren Stäbchen befinden sich abgeschattet hinter diesen Spiegel und können auch noch bei moderaten Lichtintensitäten zum Sehen beitragen, ohne zu übersättigen.

Künftige Auswirkungen der Studienergebnisse

Die in der Studie gewonnenen Erkenntnisse könnten nicht nur für die biologische Sehforschung, sondern auch bei der Entwicklung von Sensoren in Mikrochips von Interesse sein, kann sich Biophysiker und Humboldt-Professor Jochen Guck vom Biotechnologischen Zentrum der TU Dresden vorstellen: „Anwendungen bei Detektionssystemen unter extremen Bedingungen könnten genauso von dem Wissen um den Aufbau dieses Fischauges profitieren wie die photonische Kristallforschung.“

Publikation: "Photonic Crystal Light Collectors in Fish Retina Improve Vision in Turbid Water", Science 29, 2012, Vol. 336 no. 6089 pp. 1700-1703. DOI: 10.1126/science.1218072

Quellen:

  • Universität Bielefeld
  • Universität Leipzig
  • Ophthalmologische Nachrichten Online