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Fachtagung der ACHSE e.V.: Vortrag zu CRISPR/cas

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Erläuterungen zur methodischen und medizinischen Anwendung von CRISPR/cas

Die Fachtagung der ACHSE e.V. (Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen) fand im November 2017 statt unter der Überschrift: „CRISPR/cas und European Reference Networks - was Betroffene von Seltenen Erkrankungen dazu wissen sollten“. Prof. Dr. med. Knut Stieger von der Universitäts-Augenklinik Gießen hielt bei der Fachtagung einen interessanten Vortrag zur methodischen und medizinischen Anwendung von CRISPR/cas, dessen Inhalt wir Ihnen nicht vorenthalten möchten.

Mechanismen des Genome Editing

Prof. Stieger führte in das Thema ein mit der Feststellung, dass Genome Editing, also der gezielte Eingriff zur Veränderung des Erbguts, schon seit den 90er Jahren mit unterschiedlichen Werkzeugen (sog. Genscheren) bei Mikroorganismen, bei Pflanzen und menschlichen sowie tierischen Zellen durchgeführt wird. Unser Genom besteht aus DNA, die sich wiederrum aus einem Doppelstrang aus Nukleotiden (Nukleotidstränge) zusammensetzt. Beim Genome Editing geht es um

a) die gezielte Zerstörung eines krankheitsauslösenden Gens (sog. „knock out“),

b) das gezielte Einführen eines Gens, damit eine neue Eigenschaft erzeugt wird (sog. „knock in“),

c) die gezielte Veränderung in einem Gen („Punktmutation“) zur Beeinflussung bestimmter Eigenschaften.

Die Genscheren führen künstliche Doppelstrangbrüche in der DNA herbei, also die Durchtrennung beider Nukleotidstränge. Die anschließende Reparatur oder Neuanpassung des Genoms, bei der die Enden der Nukleotidstränge wieder zusammengefügt werden, erfolgt in der Zelle mithilfe unterschiedlicher Reparaturmechanismen.

Die Vorteile von CRISPR/cas

CRISPR/cas hat die Wissenschaft revolutioniert. Die Methode gilt gegenüber den bisherigen Genscheren als einfacher in der Anwendung, präziser in der Funktion und preiswerter. Auch kann sie prinzipiell das Erbgut gleichzeitig an mehreren Stellen verändern und sie soll im therapeutischen Einsatz weniger Nebenwirkungen hervorrufen. Sie weckt hohe Erwartungen in der Medizin insbesondere in Hinblick auf eine beschleunigte Therapieentwicklung. Unter Einsatz von CRISPR/cas9 werden bspw. folgende Erkrankungen erforscht: Immundefekte, HIV, hämatologische Erkrankungen, seltene Augenerkrankungen, Muskelerkrankungen.

Zwei Herangehensweisen in der Gentherapie

Der Schwerpunkt der medizinischen Forschung liegt auf dem therapeutischen Genome Editing von autosomal dominanten, autosomal rezessiven und X chromosomalen Erbkrankheiten. Es geht darum, defekte Gene, die krankheitsverursachend sind, zu reparieren oder durch ein intaktes Gen zu ersetzen. Zwei grundsätzliche Herangehensweisen werden derzeit bei der Gentherapie unterschieden:

Bei der ex vivo DNA-Reparatur werden „gesunde“ Gene in Zellen eingeschleust, die dem Patienten vorab entnommen wurden. Anschließend werden die derart veränderten Zellen dem Patienten wieder zugeführt. Hierbei werden Körperzellen verwendet, die sich häufig vermehren (z.B. adulte Stammzellen).

Im Gegensatz dazu werden bei der in-vivo Therapie die korrigierenden Gene direkt in das betroffene Gewebe oder Organ eines Patienten eingeschleust. Diese Methode erfordert eine hohe Präzision des Schneidewerkzeugs.

Genschere umstritten - Zukunftspläne

Kritisch wird die Anwendung der Genscheren im Zusammenhang mit der Keimbahn gesehen, d.h. der Eingriff in das Erbgut von Eizellen, Samenzellen oder Embryos. In Deutschland verbietet der §5 des Embryonenschutzgesetz solche Eingriffe. In anderen Ländern erfolgt dies bereits zu Forschungszwecken, bisher wohl noch nicht erfolgreich. Auch ist die Präzision der Genschere nicht unumstritten und die Frage, was genau an den Schnittstellen nach Trennung und wieder Zusammenführen der Doppelstränge passiert, nicht abschließend geklärt.

Da die Methode so rasant Verbreitung findet, gibt es bereits die Forderung von vielen nationalen und internationalen Organisationen nach einem freiwilligen internationalen Moratorium, um über Experimente und Anwendungen von CRISPR/cas zu diskutieren.

Berichterstattungen in der Kritik 

In der sich anschließenden Diskussion mit den Zuhörern wurde die Problematik der euphorischen und Hoffnung machenden Berichterstattung über CRISPR/cas in den Medien adressiert. Ähnliches hatte man vor Jahren schon beim Thema Gentherapie erlebt, inklusive der Ernüchterung als klar wurde, dass die Gentherapie den Realitäten in der klinischen Anwendung nicht standhalten konnte.

Prof. Stieger beantwortet die Frage dahingehend, dass herausragende Forschungsergebnisse kommuniziert werden (müssen), um Wissenschaft und Öffentlichkeit zu informieren, aber auch aktuelle und prospektive Geldgeber aufmerksam zu machen. Für das Einwerben von Forschungsgeldern sind Erfolge notwendig. Forschungsergebnisse werden dabei jedoch oft durch die Presse stark vereinfacht dargestellt. Die Anwendung in klinischen Studien wird noch auf sich warten lassen.

 

Nach einem Protokoll von Erik Engel, Dr. Christine Mundlos, Bianca Paslak-Leptien, Geske Wehr.