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Feuchte AMD: Interview mit Prof. Dr. Daniel Pauleikhoff zu den Zweijahresdaten der CATT-Studie

Feuchte AMD: Interview mit Prof. Dr. Daniel Pauleikhoff zu den Zweijahresdaten der CATT-Studie

Wir haben an dieser Stelle schon verschiedentlich zu den Ergebnissen der allseits bekannten CATT- und IVAN-Studien zur Nutzung von Lucentis und Avastin berichtet.

Heute wollen wir Ihnen ein Interview weitergeben, das Ulrike Lüdtke für den Augenspiegel mit [Prof] [Dr] Daniel Pauleikhoff zu diesem Thema führte:

"Behandlungsstrategien bleiben bestehen" Interview mit [Prof] [Dr] Daniel Pauleikhoff zu den Zweijahresdaten der CATT-Studie

Auf der Jahrestagung der ARVO wurden im Frühjahr die Zweijahresergebnisse der CATT-Studie vorgestellt, einer Vergleichsstudie zur Wirksamkeit von Avastin und Lucentis bei der Behandlung der feuchten AMD. Die Rückschlüsse, die von den Anwendern aus den Ergebnissen gezogen werden, fallen jedoch – so auch auf dem jüngst in Nürnberg veranstalteten Kongress der DOC zu hören – unterschiedlich aus. Sind die Daten tatsächlich interpretierbar oder doch eindeutig für die Praxis der Anti-VEGF-Therapie? DER AUGENSPIEGEL sprach mit [Prof] [Dr] Daniel Pauleikhoff (Münster), Vorsitzender der Retinologischen Gesellschaft, über die Zweijahresdaten, ihre Bedeutung für die AMD-Therapie und die Leitlinienempfehlungen deutscher Fachgesellschaften.

Herr Professor Pauleikhoff, das amerikanische National Eye Institute (kurz: NEI) bewertet nach den Zweijahresdaten der CATT-Studie Avastin und Lucentis als gleichwertig bei der Behandlung der feuchtenn AMD. Allerdings hat die monatliche Therapie einen Unterschied von 2,4 Buchstaben gegenüber der PRN-Gabe gezeigt. Welche Konsequenzen haben die Ergebnisse der CATT-Studie für den Einsatz in Deutschland?

In der letzten Stellungnahme der Fachgesellschaften (BVA, DOG, RG) zur Behandlung der exsudativen AMD haben wir für Deutschland ein PRN-Schema (pro re nata: unter den gegenwärtigen Umständen) mit SD-OCt (Spectral Domain Optical Coherence Tomography) basierter Wiederbehandlungsstrategie empfohlen. Die dort genannten SD-OCT-Wiederbehandlungskriterieni sind relativ identisch mit den Kriterien, die in der amerikanischen CATT-Studie und der britischen IVAN-Studie verwendet wurden. An dieser Empfehlung ist nach den nun publizierten CATII Zweijahresergebnissen und IVAN-Einjahresergebnissen nichts zu ändern. Im Gegenteil unterstreichen diese großen Phase-III ähnlichend Studien wie auch die von Genentech/Novartis durchgeführte Harbour-Studie (Vergleich SD-OCT-basiertes PRN gegen monatliche Behandlung mit Lucentis) unsere empfohlene Strategie.

Zwar war der mittlere Visus, wie Sie es in Ihrer Frage schon erwähnten, bei monatlicher Medikamentengabe etwas besser – ob dies klinisch relevant ist, bleibt noch zu beurteilen – aber dies wurde zum einen mit einem höheren Risiko bezüglich Endophthalmitidenn und der Entwicklung von atrophen Arealen "erkauft". Besonders aber gibt es bei den Dauertherapie-Behandlungsstrategien keine Beendigungskriterien, also keine Exitstrategie. Wenn aber zu einem späteren Zeitpunkt, zum Beispiel nach einem Jahr, von dera Dauerbehandlung auf ein PRN-Schema umgeschaltet wurde, waren die Visusergebnisse genauso wie in den reinen PRN-Armen.e Deshalb noch einmal: Ein an SD-OCT-Kriterien orientiertes PRNe Schema mit allerdings strikten vierwöchentlichen Kontrollen (und dies ist das zentrale in allen Behandlungsempfehlungen und wird in Deutschland nur sehr, sehr begrenzt zurzeit wirklich erreicht) ist die beste Therapie für die Patienten mit einer aggressiven exsudativenm AMD (Indikationskriterien mindestens okkulte CNV mit nachgewiesener Progression).

Avastin wird Off-Label eingesetzt und ist deshalb umstritten. Im letzten Jahr wurde eine Kommission Off-Label-Use für den Einsatz von Medikamenten in der Ophthalmologie gegründet, die allerdings bis heute noch nicht getagt hat. Woran liegt das? Themen und Diskussionsbedarf besteht doch genug? Welche Empfehlung gibt die Retinologische Gesellschaft hinsichtlich der Therapie der feuchten AMD?

Sowohl die CATT-Studie als auch die IVAN-Studie kamen in ihren kritischen Publikationen zu dem Schluss, dass Lucentis und Avastinn in ihrer antipermeablen Wirksamkeib bei der exsudativen AMd gleich sind. In Deutschland bleibt aber bezüglich des Avastins die zulassungs- und haftungsrechtliche Situation des Off-Label-Gebrauchs bestehen. Deshalb wurde in der genannten Stellungnahme der Fachgesellschaften auch Lucentis als primäre Behandlungsoptione genannt, aber der Patient muss zudem über die Möglichkeit der Verwendung von Avastin als weitere Option aufgeklärt werden (offene Aufklärung). Warum die neugegründete Off-Label-Kommission trotz mehrerer Anmahnungen von augenärztlicher Seite bisher von Seiten des Ministeriums nicht einberufen wurde, bleibt leider der Spekulation über "hemmende Einflüsse" überlassen.

Bei der Bewertung der Nebenwirkungen finden sich unterschiedliche Einschätzungen. Sowohl unter Avastin (40 Prozent) als auch unter Lucentis (32 Prozent) traten systemische Ereignisse auf. Zwar ist der Unterschied signifikant, aber das NEI verweist auch auf das hohe Durchschnittsalter der Avastin-Patienten und die mangelnde Aussagekraft der Studie hinsichtlich eines eindeutigen Zusammenhangs zwischen Komplikation und Behandlung. Wie sehen Sie das?

Alle Fachleute – vor allem Epidemiologen – weisen bei der Analyse der Nebenwirkungen genau auf die von Ihnen genannten Einschränkungen der Aussagemöglichkeit der Studien hin. Diese Studien waren von ihrer Patientenanzahl her nicht als Sicherheitsstudien angelegt. Die Konklusionen in diese Richtung sind daher mit größter Vorsicht zu behandeln. Dies vor allem auch deshalb, weil in den Studien viele "Nebenwirkungen" auftraten, die bisher nicht im Spektrum der Anti-VEGF-Medikamente bekannte waren. Bevor letztendlich weitere konkrete Empfehlungen hieraus resultieren können, müssen weitere Daten an größerena Patientenzahlen analysiert werden. Dies wurde in den entsprechenden Publikationen der Studien auch so diskutiert.

Welche Bedeutung haben die CATT-Ergebnisse für die in Deutschland für den Spätherbst angekündigte Zulassung des VEGF Trap-Eye, für das – im Unterschied zu Lucentis – ein zweimonatiges Injektionsintervall vorgesehen ist?

Grundlegend ist die Erweiterung der therapeutischen Möglichkeiten durch neue Medikamente von uns Augenärzten und besonders uns Retinologen sehr zu begrüßen. Allerdings zeigen die Zweijahresergebnisse von VEGF-Trap (Eylea), dass die Injektionshäufigkeit gegenüber den Lucentis-PRN-Gaben im zweiten Jahr der Studien nicht sehr unterschiedlich war. Deshalb wird es eher zu einer Erweiterung unseres therapeutischen Arsenals durch dieses neue Medikament kommen, aber die Behandlungsstrategie mit einem PRN-Schema wird auch für VEGF-Trap zu favorisieren sein. Wie ein konkreter Wiederbehandlungsalgorithmus aussehen könnte, sprich wie häufig und wann kontrolliert und wiederbehandelt werden soll – die Kriterien werden auch SD-OCT-basiert sein – wird derzeit von der Makulakommission von BVA, DOG und RG mit dem Hersteller diskutiert.

Herr Professor Pauleikhoff, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Ulrike Lüdtke, M.A.

Quelle: Der Augenspiegel

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