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Forschungskolloquium in Potsdam: Teil 3

6. PRO RETINA-Forschungskolloquium in Potsdam Bericht über die dritte Sitzung

Identifikation neuer krankheitsverursachender Gene

In der dritten wissenschaftlichen Sitzung unter dem Vorsitz von Prof. Bernhard Weber (Regensburg) standen neue Ansätze zur Identifikation krankheitsverursachender Gene im Mittelpunkt.

Dr. Frans Cremers (Nijmegen) stellte in Aussicht, dass durch methodische Weiterentwicklungen − "next generation sequencing" − innerhalb der nächsten Jahre noch unbekannte krankheitsverursachende Gene identifiziert werden können.

Proteom alle Proteine in einem Organismus

Prof. Marius Ueffing (Tübingen) zeigte, wie die Proteomik zur Erforschung der Protein-Interaktionen bei retinalen Erkrankungen zu einem besseren Verständnis der funktionellen Auswirkungen von genetischen Mutationen beitragen kann. Die Proteomik (englisch: proteomics) umfasst die Erforschung des Proteoms, das heißt der Gesamtheit aller in einer Zelle oder einem Lebewesen unter definierten Bedingungen und zu einem definierten Zeitpunkt vorliegenden Proteine. Das Proteom hoch dynamisch und kann sich daher in seiner qualitativen und quantitativen Proteinzusammensetzung aufgrund veränderter Bedingungen (Umweltfaktoren, Temperatur, Genexpression, Wirkstoffgabe etc.) verändern. Daten aus Proteom-Studien können in Zukunft möglicherweise auch auf Gen-Gen-Interaktionen hinweisen.

Über die Identifikation neuer krankheitsverursachender Gene im Mausmodell berichtete Prof. Jochen Graw (München). Hier wurden nach Mutagenexposition von Mäusen deren Nachkommen mittels Spaltlampe, Funduskopie und Laser-Interferenz-Biometrie untersucht. Dabei konnten zwölf neue Mausmutanten gefunden werden, deren Genmutation bereits in drei Fällen identifiziert werden konnte. Für die Erkennung solcher Gene scheint nicht nur die Anzahl an untersuchten (gescreenten) Tieren, sondern auch die Wahl der geeigneten Screening-Methode von Bedeutung zu sein. So werden auch die Fortschritte in der bildgebenden Diagnostik in Zukunft zu einer besseren Identifizierung solcher Mausmutanten beitragen.

"Modifier-Gene"

Die große Bedeutung so genannter „Modifier-Gene“ (modify=ändern), die über eine Beeinflussung molekularer Mechanismen den Phänotyp von Erkrankungen oder auch das Risikoprofil für die Entstehung und das Alter bei Beginn von Erkrankungen beeinflussen können, zeigte Prof. Andreas Gal (Hamburg). Unterschiede in Ausprägung und Verlauf (Phänotypische Variabilität) bei Patienten der gleichen Familie oder auch Nichtverwandter, mit derselben Erkrankung, scheinen zumindest teilweise auf diese Modifier-Gene zurückzuführen zu sein. Modifier-Gene können dabei den Phänotyp einer Erkrankung, der durch eine andere Genmutation bedingt ist, verändern. Bedingt wird dies durch deren Effekte auf Penetranz (prozentuale Wahrscheinlichkeit, mit der ein bestimmter Genotyp den zugehörigen Phänotyp in einer Population beziehungsweise Geschwisterreihe ausbildet), Dominanz (Durchsetzungsstärke von Erbfaktoren), Krankheitsbeginn, Progression (Fortschreiten einer Erkrankung) und Expressivität (Ausprägungsgrad eines phänotypischen Merkmals).