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"Gen-Schalter" steuert die Durchblutung der Netzhaut

Gen-Schalter sorgt für die richtige Durchblutung der Netzhaut

... so heißt es in einer Mitteilung der Universität Tübingen. Durch diese Untersuchungen könnten Zellbiologen tiefe Einblicke in die Entstehung verschiedener Augenerkrankungen gewinnen.

Die normale Funktion der Augen hängt von der geregelten Durchblutung der Netzhaut ab. Das Licht, das ins Auge fällt, durchquert die Hornhaut, die Linse und den Glaskörper und trifft dann auf die Netzhaut, wo es in Nervenimpulse umgewandelt wird und diese dann weitergeleitet werden. Wird die Netzhaut von zu wenigen Blutgefäßen unter- oder von zu vielen Blutgefäßen überversorgt, entstehen bestimmte Augenerkrankungen. Eine Gruppe von Wissenschaftlern hat bei Experimenten mit Mäusen entdeckt, dass über einen bereits bekannten Faktor, ein Protein, die Gene für das Wachstum der Blutgefäße in der Netzhaut des Auges eingeschaltet werden. Die Wissenschaftler haben durch Ausschalten dieses Faktors einerseits bei neugeborenen, andererseits bei erwachsenen Mäusen bestimmte Krankheitsbilder der Augen künstlich erzeugt. Ihre Erkenntnisse, die aktuell in The Journal of Clinical Investigation" veröffentlicht werden, liefern direkte Hinweise auf Augenkrankheiten des Menschen und ergeben konkrete Ansatzpunkte für die Entwicklung von Therapien bei Fehlfunktionen der Netzhaut und des Glaskörpers.

Steuerung der Wachstumsprozesse

Dieser Transkriptionsfaktor (SRF, Serum Response Factor) bewirkt an zahlreichen Stellen des Erbguts in den Zellen von Tieren, dass bestimmte Gene abgelesen (transkribiert) werden und in der Folge Wachstumsprozesse in Gang gesetzt werden. Im Labor haben die Wissenschaftler aufwendige und trickreiche Verfahren entwickelt, um diesen Faktor beziehungsweise seine Kofaktoren bei Mäusen gezielt zu steuern.

Effekt abhängig vom Alter der Mäuse

In ihrer aktuellen Studie haben die Wissenschaftler den Faktor SRF in den Blutgefäßzellen von Mäuseembryonen, von neugeborenen und von erwachsenen Mäusen ausgeschaltet. Bei den neugeborenen Mäusen waren in der Folge die Blutgefäße in der Netzhaut nicht richtig ausgebildet. Ihre Augenprobleme ähnelten stark bestimmten erblichen Formen einer Erkrankung des Glaskörpers und der Netzhaut beim Menschen, die zur Erblindung führt. Bei erwachsenen Mäusen hatte die Ausschaltung des Faktors SRF einen umgekehrten Effekt: In der Netzhaut bildeten sich übermäßig viele neue Gefäße, so dass das Auge überversorgt war. Entsprechende Beobachtungen machen Ärzte bei Patienten im höheren Alter bei der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD), einer Erkrankung, bei der die Stelle des schärfsten Sehens der Netzhaut zunehmend geschädigt wird und die Sehkraft nachlässt. Dabei treten Gefäßerweiterungen und die Bildung zu vieler neuer Gefäße auf.

Faktor spielt Rolle bei Gefäßentwicklung

„Ich hatte erwartet, dass der Faktor SRF bei der Entwicklung des Gefäßsystems eine Rolle spielt, da er allgemein in vielen Organen dafür sorgt, dass Zellen Ausläufer und Leitungssysteme bilden, zum Beispiel im Nervensystem und im Blutgefäßsystem“, sagt Professor Alfred Nordheim, Leiter der Arbeitsgruppe. Doch erstaunlich sei gewesen, wie weitgehend das Erscheinungsbild der Mäuse bei ausgeschaltetem Faktor SRF den Krankheitsbildern bei menschlichen Patienten mit Augenerkrankungen gleiche. „Ich glaube, wir haben ein sehr gutes Modell gefunden, um diese Erkrankungen sehr viel genauer als bisher zu untersuchen“, so der Wissenschaftler. Diese Voraussetzung bilde einen sehr wichtigen Schritt für die Erforschung möglicher Therapien.

Die Untersuchungen wurden am Interfakultären Institut für Zellbiologie der Universität Tübingen in Zusammenarbeit mit verschiedenen anderen Instituten durchgeführt, unter anderem auch mit Prof. Seeliger, einem Mitglied des Arbeitskreises Klinische Fragen (AKF) der PRO RETINA, vom Forschungsinstitut für Augenheilkunde in Tübingen.

Quelle: Pressemitteilung der Universität Tübingen