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Grundlagenforschung: Doppelte Gentherapie erzeugt im Tiermodell Stäbchenzellen in der Netzhaut

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Doppelte Gentherapie erzeugt im Tiermodell Stäbchenzellen in der Netzhaut

US-Forschern ist es bei blind geborenen Mäusen gelungen, Stammzellen der Retina in Stäbchenzellen zu verwandeln, die in das neuronale Netzwerk integriert wurden und Signale an das Gehirn der Tiere weiterleiteten. Die in Nature 2018 publizierten Ergebnisse wecken Hoffnungen auf die Behandlung von degenerativen Sehstörungen beim Menschen.

Müller-Zelle als Lösungsansatz

Seit Längerem ist bekannt, dass Knochenfische wie der Zebrabärbling beschädigte Sehzellen durch die Aktivierung von Müllerzellen ersetzen können. Bei Säugetieren ist diese Fähigkeit verlorengegangen, obwohl auch ihre Netzhaut Müllerzellen enthält. Sie werden dort zum Gliagewebe gezählt, dem Nähr- und Stützgewebe des zentralen Nervensystems, deren Außenposten die Retina ist. Die Forschung sucht derzeit nach Wegen, die Müllerzellen auch bei Säugetieren zur Regeneration von Sehzellen zu bewegen. In der Petrischale ist dies bereits möglich. Ein Team um Bo Chen von der Icahn School of Medicine in New York hat jetzt einen Weg gefunden, die Müllerzellen auch bei lebenden Säugetieren zu aktivieren.

Erste Erfolge im Tiermodell

Die Behandlung bestand aus einer 2-zeitigen Gentherapie. Im ersten Schritt wurde den Versuchstieren – Mäusen, die aufgrund eines Gendefekts keine Sehzellen entwickeln – ein Gen in den Augapfel injiziert, das die Bildung des Proteins Beta-Catenin veranlasst. Die Müllerzellen begannen sich zu teilen.

2 Wochen später injizierten die Forscher den Tieren die Gene Otx2, Crx und Nrl. Sie wandelten die aktivierten Müllerzellen in Stäbchenzellen um. Stäbchenzellen sind in der Retina für das Nacht- und Dämmerungssehen zuständig. Sie reagieren bereits auf eine geringe Helligkeit, ermöglichen aber nicht die Unterscheidung von Farben. Für Patienten mit Retinitis pigmentosa oder anderen degenerativen Netzhauterkrankungen wäre dies jedoch besser als eine vollständige Erblindung.

Die Stäbchenzellen wären für die Betroffenen nutzlos, wenn sie nicht in das neuronale Netzwerk der Retina integriert werden. Dies wurde bei den Mäusen erreicht. Die Stäbchenzellen bildeten laut Chen selbständig Synapsen, also Kontakte mit benachbarten Nervenzellen. 4 bis 6 Wochen nach der 2-fachen Reprogrammierung war die Retina in der Lage, Lichtsignale an die Hirnrinde weiterzuleiten.

Klinische Studien noch in weiter Ferne

Chens Labor untersucht derzeit in Verhaltensexperimenten, ob die Mäuse tatsächlich sehen können und zu welchen Leistungen sie dadurch befähigt werden. Der Forscher will die Technik im Labor auch an menschlichem Netzhautgewebe erproben. Klinische Studien sind derzeit aber noch nicht geplant.

Links zum Thema

Abstract der Studie in Nature

Pressemitteilung des National Eye Institute

Pressemitteilung der Mount Sinai School of Medicine

aerzteblatt.de vom 07.01.2013

 

© rme/aerzteblatt.de

Quelle:

aerzteblatt.de vom 16.08.2018