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Das Bardet-Biedl-Syndrom (BBS) (Engl: Bardet biedl syndrome) ist eine erblich bedingte Erkrankung. Es handelt sich um ein Syndrom mit einer Vielzahl an möglichen Symptomen. Diese treten nicht alle zusammen auf. Auch die Ausprägung der jeweiligen Symptome kann sehr unterschiedlich sein. Eines der Hauptsymptome sind Netzhauterkrankungen. Auch diese können im Auftreten und Verlauf sehr unterschiedlich sein. Das macht eine genaue Diagnose oft schwierig.

Was sind Syndrome mit vererbbaren Netzhaut-Aderhautdystrophien?

Engl.: syndromic inherited retinal dystrophies

Als Syndrom bezeichnet man eine Kombination von verschiedenen Krankheitszeichen (Symptomen), die bei bestimmten Erkrankungen immer oder häufig gemeinsam auftreten. Bei den Syndromen mit Netzhauterkrankungen sind oftmals unter anderem auch Nieren und Ohren betroffen, manchmal weitere Organe.

Werden nur die Augen untersucht, stellt der Arzt lediglich die Netzhauterkrankung fest. Um ein Syndrom zu ermitteln, reicht die reine Augenuntersuchung nicht aus. Die Patienten sollten dem Arzt auch berichten, wenn sie weitere Krankheitsanzeichen haben. Das ist auch dann wichtig, wenn diese Symptome scheinbar nicht mit dem Auge zusammenhängen. Bei einigen Syndromen treten bereits früh im Krankheitsverlauf die Augenveränderungen auf. Manchmal sind dies sogar die ersten Anzeichen der Krankheit. Bei anderen Syndromen zeigen sich Augenveränderungen erst später im Krankheitsverlauf.

Das Bardet-Biedl-Syndrom
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Symptome

Das Bardet-Biedl-Syndrom (BBS) ist durch sechs Hauptsymptome gekennzeichnet. Diese müssen aber nicht immer alle zusammen auftreten.

Als Hauptsymptome gelten:

Nebensymptome

Diagnose

Ein Arzt in weißem Kittel erklärt einer Frau auf einem Computer ein Bild ihres Augenhintergunds
Diagnosebesprechung beim Augenarzt

Eine Voraussetzung für eine klinische Diagnose BBS sollte sein, dass mindestens vier der Hauptsymptome vorliegen oder drei der Haupt- und zwei der Nebensymptome. Eine Orientierungshilfe für das weitere Vorgehen geben die Untersuchungsempfehlungen, die aus den Ergebnissen einer langjährigen BBS-Studie entstanden sind. Die klinische Diagnose sollte auf jeden Fall durch einen Gentest, das heißt eine molekulargenetische Diagnostik bestätigt werden.

BBS muss von diesen Krankheitsbildern abgegrenzt werden:

Untersuchungsempfehlungen zur Diagnostik und Therapie von Dr. Metin Cetiner, Uniklinik Essen

Das Bardet-Biedl-Syndrom (BBS) ist nicht leicht zu diagnostizieren. Die Vielfältigkeit und unterschiedliche Ausprägung der Symptome macht eine klinische Diagnosestellung oft sehr schwierig. Insbesondere im Säuglings- und Kindergartenalter liegen teilweise nur einzelne Symptome (zum Beispiel die Polydaktylie oder Nierenauffälligkeiten) vor. Weitere Kardinalsymptome entwickeln sich erst im weiteren Lebensverlauf, so zum Beispiel die Netzhautdystrophien, die oft erst im Schulkindalter diagnostiziert wird.

Ursache

Das Bardet-Biedl-Syndrom gehört zu den Zilienerkrankungen (Ziliopathien). Bei diesen Erkrankungen weisen Teile der Körperzellen eine Fehlfunktion auf. Konkret handelt es sich um sogenannte Zilien. Das sind kleine Fortsätze oder „Antennen“, die sich auf den meisten Zellen des menschlichen Körpers finden. Die Ziliopathien zeigen sehr unterschiedliche Krankheitsbilder sowie Überlappungen und fließende Übergänge zwischen verschiedenen Zilienerkrankungen.

Das Bardet-Biedl-Syndrom wird autosomal-rezessiv vererbt. Nach aktuellen Erkenntnissen sind Veränderungen (Mutationen) in mehr als 25 Genen ursächlich für diese Erkrankung.

Die am häufigsten betroffenen Gene sind BBS1 und BBS10: Bei circa 40 % der BBS-Betroffenen werden Veränderungen in diesen beiden Genen gefunden. Rund die Hälfte davon sind die beiden besonders häufig vorkommenden Varianten M390R in BBS1 und C91fs in BBS10. Während die BBS1-Veränderung außerhalb Europas praktisch nicht vorkommt, findet sich die BBS10-Veränderung auf der ganzen Welt.

Bisher ist es noch nicht sicher möglich, den einzelnen Genveränderungen bestimmte Krankheitssymptome zuzuordnen. Selbst bei betroffenen Geschwistern können die Symptome und deren Ausprägung recht unterschiedlich sein. Man geht derzeit davon aus, dass zum autosomal rezessiven Erbgang noch verändernde Gene Einfluss auf die Ausprägung bei BBS haben.

mehr zum Thema Genetik

Wenn Sie eine erblich bedingte Netzhauterkrankung haben, können Sie sich in das Patientenregister von PRO RETINA eintragen lassen. Dann erfahren Sie von klinischen Studien, an denen Sie teilnehmen können und tragen dazu bei, Netzhauterkrankungen näher zu erforschen und Therapien zu entwickeln.

zum Patientenregister

Therapie

Eine ursächliche Therapie für das Bardet-Biedl-Syndroms gibt es bisher nicht. Dennoch ist eine regelmäßige ärztliche Betreuung wichtig, da beispielsweise Bluthochdruck, erhöhte Blutzuckerwerte, Vitaminmangel und Hormonmangel gut therapiert werden können. Unbehandelt können diese wiederum selber zu weiteren klinischen Problemen wie zum Beispiel einer zusätzlichen Nierenschädigung führen. Das krankhafte Übergewicht mit allen Folgeproblemen kann durch eine gesunde kalorienarme Ernährung und viel Bewegung positiv beeinflusst werden.

Kürzlich wurde ein neues Medikament zugelassen, das die erste und einzige kausale Therapie gegen den spezifischen Gendefekt darstellt, der das Sättigungszentrum außer Kraft setzt. Dieses Medikament kompensiert den Gendefekt durch einen MC4R-Rezeptor-Agonisten, der das Sättigungszentrum wieder aktiviert, wodurch es laut aktueller Studienlage bei vielen Patientinnen und Patienten zu einem deutlich reduzierten Hungergefühl und infolgedessen zu einer starken Gewichtsreduktion kommt.

Studien und Forschungsprojekte

In mehrerer Reaktionsgefäße wird mit einer Pipette eine Flüssigkeit getropft.
Reagenzgläser im Labor

NEOCYST

NEOCYST ist ein Forschungsprojekt, das sich mit zystischen Nierenerkrankungen im Kindesalter beschäftigt. Realisiert wird es von einem Verbund aus Klinikern, Genetikern und Wissenschaftlern. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziell gefördert und durch die Gesellschaft für Pädiatrische Nephrologie (GPN) unterstützt.

Ziel der NEOCYST-Studie ist es, zystische Nierenerkrankungen sowie das Bardet-Biedl-Syndrom besser zu verstehen. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen zur Verbesserung

  • einer zielführenden Diagnostik,
  • einer fundierten Beratung und
  • der Entwicklung zukünftiger therapeutischer Ansätze führen.

Möglichkeiten zur Teilnahme

Teilnehmen können Betroffene jeden Alters, bei denen BBS diagnostiziert wurde.

Die Teilnahme an dem Projekt erfolgt mittels eines umfangreichen Fragebogens. Dieser ist von dem behandelnden Arzt auszufüllen. Die Patientendaten werden in pseudonymisierter Form gespeichert und gesammelt, sodass ein Rückschluss auf die einzelne Person nicht möglich ist.

NEOCYST-Ansprechpartner für interessierte Betroffene

Dr. Metin Cetiner, Universitätsklinikum Essen
Hufelandstraße 55, 45147 Essen
Mail: Metin.Cetiner@uk-essen.de

Laptop, auf dem PRO RETINA-Seite geöffnet ist. Daneben liegen Kopfhörer.
Digitalisierung ©PRO RETINA

Infomaterial zum Bardet-Biedl-Syndrom

In unseren Broschüren und Flyern, Videovorträgen und Podcasts finden Sie weitere Informationen und Berichte zur Erkrankung BBS.

zur Infothek

Aktuelles aus Forschung und Therapie

Alle Krankheitsbeschreibungen wurden gemeinsam mit Medizinerinnen und Medizinern geschrieben. Diese Informationen von PRO RETINA ersetzen jedoch keine individuelle medizinische Beratung. Lassen Sie sich daher zu Ihren individuellen Möglichkeiten für die Diagnosestellung und Therapie von Ihren behandelnden Ärztinnen und Ärzten beraten – Augenärzten, Humangenetikern sowie gegebenenfalls weiteren Fachärzten insbesondere, wenn außer den Augen auch Organe betroffen sind, wie dies bei Syndromen der Fall ist. Ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte können Sie auch darüber informieren, welche neuen Erkenntnisse es zu Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie gibt.