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Marie, Retinitis pigmentosa

Eine junge Frau sitzt an einem Tisch in der Fußgängezone. Sie trägt einen schwarzen Mantel und eine schwarze Mütze.
Marie unterwegs

„Hey ich bin Marie, oh sorry, ich seh‘ nicht so gut im Dunkeln.“
Ich weiß nicht wann ich das letzte Mal eine Begegnung im Dunkeln hatte, bei der ich nicht mir entgegengestreckte Hände oder versuchte Umarmungen übersehen habe. Wenn ich abends mit Freunden unterwegs bin, werde ich mittlerweile schon wie selbstverständlich eingehakt und mitgeführt. Nachdem ich das ein oder andere Mal im Club stehen gelassen wurde, weil ich nicht mitbekommen habe, wie meine Freunde den Platz wechseln, ich über Bordsteine gestolpert bin oder gegen Leute gelaufen bin, hat es sich schnell in meinem Umfeld rumgesprochen, dass ich einfach nicht so gut im Dunkeln sehe.
Das eine Krankheit hinter meinem Unwohlsein im Dunkeln, dem plötzlichen Auftauchen von Menschen von der Seite und dem Flimmern am Rand meines Sichtfeldes steckt, wusste ich bis vor einem halben Jahr nicht.

Vor einem Jahr hat ein Arzt den Verdacht auf Retinitis Pigmentosa geäußert. Bis ich die endgültige Diagnose bekommen habe, ist ein halbes Jahr vergangen. Die Ungewissheit war schwer zu ertragen und selbst jetzt da ich weiß, warum meine Sicht so ist wie sie ist, habe ich keine Klarheit über den Verlauf der Krankheit. „Das Sichtfeld wird sich immer stärker einschränken, eventuelle Erblindung“ sind keine handfesten Anhaltspunkte, mit denen man sich auf die Zukunft einstellen kann.

Bevor ich wusste, dass ich eventuell irgendwann erblinden könnte, hatte ich mich entschieden eine Ausbildung zur Maßschneiderin anzufangen. Nachdem mir die Ärztin aus der Klinik davon sehr uneinfühlsam abgeraten hat, habe ich kurz überlegt ob sie vielleicht recht hat und ich nicht doch etwas anfangen sollte, dass eine blindensichere Zukunft hat. Ich bin froh, dass meine Freunde und Familie mich davon überzeugt haben, dass es viel wichtiger ist, das zu tun was mich glücklich macht.
So schwer der Umgang mit dieser Diagnose für mich momentan noch ist, muss das Leben trotzdem irgendwie weiter gehen. Ich habe zwar eine beschissene Krankheit aber das muss nicht dasselbe für mein Leben bedeuten.