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Mit meinem Mitgliedsbeitrag tue ich der Forschung etwas Gutes

Portrait einer jungen Frau mit langen rötlichen Haaren und einem T-Shirt mit em Aufdruck "Hard Rock". Im Hintegrund ein Kiesstrand.
Portrait Luisa

Luisa hat einen Sehrest von 5-10 Prozent. Was nach wenig klingt, bedeutet ihr viel, denn früh wurde sie fehldiagnostiziert: Durch die Kombination aus ihrer schlechten Sehfähigkeit und einer zusätzlichen Hörbeeinträchtigung, bescheinigten ihre Ärzte ihr lange ein Usher-Syndrom, das zur völligen Blindheit geführt hätte. In Wirklichkeit ist sie aber vom Alström-Syndrom betroffen, einer seltenen Netzhautdystrophie, die von beiden Eltern rezessiv vererbt wird.

„Ich lebe sehr selbstständig“

Sie hat zwar ein eingeschränktes Sichtfeld und ist blendenempfindlich, doch mit Sonnenbrille und Kantenfilter, kann sie zu großen Teilen sehr selbstständig leben. Das getönte Glas, das die UV-Einstrahlung reduziert, und die Korrektur der Brille lassen sie genug erkennen, um beispielsweise allein einkaufen zu gehen. Bei Aufgaben, die mehr Sehschärfe fordern, wie Putzen oder Kochen, hilft ihr Partner Marcus aus.
Beziehung und Ausbildung mit Doppelbehinderung
Den lernte sie in einer Singlegruppe auf Facebook kennen. Es sei schwer mit dem Dating, da viele Menschen Sorgen und Vorurteile gegen Behinderte hätten, berichtet sie. Bei Marcus passte die Chemie und so zogen beide schließlich für die Beziehung und aus beruflichen Gründen nach Bonn. Sie machte eine kaufmännische Ausbildung bei der Aktion Mensch. Obwohl sie schon vorher Hilfsmittel bekam und eine Förderschule mit dem Schwerpunkt sehen besuchte, erlebte sie viel Ausgrenzung. Mit der Doppelbehinderung konnten Mitschüler und Lehrer wenig anfangen. „Es ist ein langer, schwerer Weg gewesen, aber ich hab’s geschafft.“

Die Familie als Rückhalt

Seit kurzem hat Luisa außerdem eine Taubblinden-Assistenz, die ihr Raum schafft für Freizeit ohne Partner. Gemeinsam gehen sie dann Shoppen oder einen Kaffee trinken. Neben Marcus und der Assistenz, ist ihr auch die Familie eine große Stütze. Ihre zehn Jahre ältere Schwester verlor Seh- und Hörvermögen, als Luisa drei war. Weil es in den 90er Jahren weniger Hilfsmittel und Inklusion gab, machte sie viele Widrigkeiten durch. So lernten auch die Eltern einen gesunden Umgang mit den Beeinträchtigungen ihrer Töchter. Zusätzlich litt ihr Bruder an einer Krankheit, die die Mutter motivierte, einen Verein für herzkranke Kinder zu gründen. So kam die Familie weiter in Berührung mit Selbsthilfe-Angeboten. Luisas Bruder studierte trotz seiner Krankheit und ist Luisa ein großes Vorbild. Auch die Schwestern sind untrennbar. „Sie ist meine beste Freundin. Wir tauschen uns aus und unterstützen uns“.

Selbsthilfe in der Jungen Retina: „Du bist nicht alleine damit“

Die Tatsache, dass ihre Familie sie stets förderte und forderte, gibt ihr heute die Kraft, anderen zu helfen. Sie trat der Pro Retina bei und wurde dann Ansprechpartnerin für die Junge Retina in NRW. Dort organisieren sie den Austausch der Regionalgruppen, planen Events, machen Community Management und recherchieren Themen, die andere junge Betroffene zwischen 15-35 Jahren interessieren. Der Austausch in ihrer Altersgruppe ist wichtig, da sich die Bedürfnisse und Fragen unterscheiden. Schule und Ausbildung spielen da zum Beispiel eine übergeordnete Rolle und auch der Unterstützungsbedarf ist größer.

Haushalten mit den eigenen Kräften

Obwohl der Gruppenaustausch viel Auftrieb gibt, muss Luisa aufpassen, ihre Kräfte einzuteilen.
Denn immer wieder wird es auch sehr emotional. Einige Mitglieder der Gruppe hatten nicht das Privileg eines positiven Umfelds wie sie. Heimlichkeit, Vertuschung und Hass hinterlassen Spuren bei den Betroffenen. Sie stärken sich gegenseitig, so gut sie können: „Man muss auch immer selber gucken, was traut man sich zu und wo will man und kann man helfen“. In solchen Momenten ist sie besonders dankbar für ihre Familie. Auch darüber kann sie sich mit ihrer Schwester austauschen. Die hat jetzt Kinder, macht auch hier erste Erfahrungen und Luisa begleitet sie auf diesem Weg.

Ein Gentest bringt Klarheit

Luisa möchte später auch Kinder haben, will aber vermeiden, dass diese ähnliche Erfahrungen machen müssen wie sie. Darum ließ sie einen Gentest machen bei Prof. Bolz an der Universitätsklinik Köln. Am Anfang stand ein ausführliches Aufkklärungsgespräch und es gab viele Fragen zum Familienstammbaum. Als der Entschluss gefasst war, gaben Luisa und ihre Verwandten Blut ab. Ein halbes Jahr später ergab der Gentest dann die korrekte Diagnose Alström. Für Luisa bedeutet das unter anderem, es droht keine völlige Blindheit wie bei Usher, dafür kann Alström dazu führen, dass sie später wie durch ein dickes Milchglas sieht.

Die Forschung geht voran: „Es gibt so viel, was man machen kann“

Aber daran will sie heute nicht denken. Sie trug sich an Ort und Stelle ins Patientenregister ein. Das Prinzip: Die Forschung sucht betroffene Probanden für bestimmte Krankheiten, es wird dann an Therapiemöglichkeiten geforscht. Spannende Ansätze reichen von Stammzellenforschung. Luisa schaut optimistisch in die Zukunft: “Mit meinem Mitgliedsbeitrag tue ich der Forschung etwas Gutes. Das motiviert mich. Denn ich bin mir ganz sicher, dass es irgendwann eine Lösung geben wird. Wer weiß, vielleicht mache ich mit 40 noch einen Führerschein? Die Pro Retina gibt mir Kraft und Hoffnung und ich bin sehr dankbar, dass viele Vereine für Menschen mit einer Behinderung/ Erkrankung ins Leben gerufen wurden.”