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„Der Kontakt zu PRO RETINA im frühen Stadium der Erkrankung war für mich goldwert“
Im Jahr 2004 hat Christian Ritter einen Autounfall. Dabei wird als Nebenbefund eine Veränderung der Netzhaut festgestellt. Er nimmt die Diagnose zur Kenntnis, hat aber keinerlei Einschränkungen und denkt daher nicht weiter darüber nach.
Fünfzehn Jahre später bereitet er sich auf die Abschlussprüfungen seines Studiums vor, das er neben dem Job absolviert hat. Christian bemerkt, dass mit seinen Augen irgendetwas nicht stimmt. Besonders die Bildschirmarbeit fällt ihm schwer. Er nimmt sich vor, im Anschluss an die Prüfungen zum Augenarzt zu gehen, denn der Optiker, den er darauf anspricht, sagt ihm, dass seine Brille eigentlich für ihn geeignet sein müsste.
Vor dem Termin beim Augenarzt sieht er sich die Befunde von 2004 erneut an: Dort tauchen die Begriffe Makuladystrophie und Zapfen-Stäbchen-Dystrophie auf, mit denen er zu diesem Zeitpunkt aber wenig anfangen kann. Der Augenarzt äußert einen Verdacht und schickt ihn zur näheren Abklärung in eine Augenklinik. Vorher eröffnet er ihm aber noch, dass er künftig kein Kraftfahrzeug mehr steuern dürfe. Eigentlich eine bittere Pille, denn der Servicetechniker im Außendienst ist auf das Fahrzeug angewiesen. Doch er bleibt erstaunlich gefasst. Irgendwie hatte er gespürt, dass es darauf hinauslaufen könnte.
Zu diesem Zeitpunkt entsteht bereits der Kontakt zu PRO RETINA. Ein guter Freund ist als Optikermeister bei einem Hilfsmittelhersteller tätig und vermittelt ihm den Kontakt zum Regionalgruppenleiter vor Ort. Anders als bei vielen Ärztinnen und Ärzten hat man hier ein offenes Ohr für die Ungewissheit und die Ängste des Betroffenen. Es wird sowohl auf die weiteren medizinischen Schritte eingegangen als auch auf die berufliche Zukunft. So setzt Christian Ritter gleich einen Hinweis um und lässt eine humangenetische Untersuchung vornehmen, die zeigt, welche Erkrankung bei ihm vorliegt: Morbus Stargardt. Wenige Monate später wird der Schwerbehindertenstatus ohne Probleme anerkannt. Daher lautet auch sein Rat: „Betroffene sollten unbedingt so früh wie möglich eine solche Untersuchung vornehmen lassen, denn das kann vieles erleichtern. Es handelt sich eben nicht um eine Arztmeinung, die sich mit einem weiteren Gutachten wieder infrage stellen lässt.“
Neben medizinischen Fragen geht es bei ihm vor allem um das Thema Umschulung, denn in seinen alten Beruf kann er nicht zurück. Gemeinsam mit dem Arbeitgeber wird eine Lösung gefunden – der Außendienstbezirk wird von einem Kollegen übernommen. Die beiden sind in der Übergangszeit zu zweit unterwegs, sodass Christian seinen Kollegen einarbeiten kann. Mittlerweile ist er innerhalb des Unternehmens in den Innendienst gewechselt und arbeitet als Auftragskoordinator. Über Umwege findet er auch einen neuen Augenarzt, der sich auf Erkrankungen der Makula spezialisiert hat. Bei diesem lässt er einmal jährlich eine Verlaufskontrolle durchführen. Der technikbegeisterte Anwender hat das iPhone als Hilfsmittel für sich entdeckt. Daneben sind Langstock, Hut, Sonnen- und Kantenfilterbrille seine ständigen Begleiter.
Eine Sache hat ihn zu Beginn des Jahres 2021 lange Zeit belastet: Nach dem Sturz über eine Mülltonne, die er nicht gesehen hat, fasst Ritter schweren Herzens den Entschluss, nicht mehr aufs Rad zu steigen und einen weiteren Einschnitt in seine Eigenständigkeit hinzunehmen. Das Risiko eines erneuten Unfalls ist zu hoch. Was ein Gesichtsfeldausfall ist, wird ihm zum ersten Mal als Beifahrer klar: Als er aus dem Fenster auf den Wagen vor ihm schaut, fehlt das VW-Logo. Christian Ritter sieht keinen schwarzen Fleck im Sichtfeld, weil das Gehirn die fehlenden Informationen kompensiert, indem es versucht, das fehlende Puzzleteil einzufügen, damit das Bild komplett ist.
Abschließen kann er das Thema im Herbst 2022, als er zusammen mit einem guten Freund auf dem Mountainbike die Alpen von Garmisch bis zum Gardasee überquert. Sie nutzen breit ausgebaute Forstwege und umgehen dadurch den Verkehr. Auch das Skifahren ist dank der Begleitläuferausbildung seiner Frau weiterhin möglich. Er sagt: „Mein Motto lautet: Alles ist machbar, nur etwas anders.“ Und er fügt hinzu: „Bei einer solchen Erkrankung ist das soziale Umfeld enorm wichtig. Wenn Familie und Freunde dich unterstützen, das erleichtert unheimlich viel.“
Wie beschreibt er den Menschen ohne Seheinschränkung wie er sieht? „Zeigefinger in die Butter und dann in der Mitte der Brillengläser verschmieren. Außen sehe ich noch alles scharf, deshalb kann ich mich noch ganz gut orientieren – zumindest in Gebäuden.“ Draußen sind es vor allem Sonnenlicht und Lichtreflexionen, die sein Sehen beeinträchtigen.