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Berliner Begegnung 2023: Patientendaten für eine Verbesserung der medizinischen Forschung und Versorgung nutzen
Vorhandene Daten für eine Verbesserung der medizinischen Forschung und Versorgung nutzen
Am 02. März fand in der Kaiserin-Friedrich-Stiftung zu Berlin die diesjährige „Berliner Begegnung“ der PRO RETINA, organisiert vom politischen Referenten und Leiter des Hauptstadtbüros, Franz Badura, anlässlich des Tages der seltenen Erkrankungen statt. Die Veranstaltung stand in diesem Jahr ganz im Zeichen der fortschreitenden Digitalisierung und den damit verbundenen Chancen der Nutzung von Gesundheitsdaten aus dem Versorgungsalltag zum Patientenwohl. Renommierte Gäste aus Wissenschaft und Politik beleuchteten, moderiert vom politischen Referenten Franz Badura, das Thema der Datennutzung für Forschungszwecke aus Ihrer jeweiligen, professionellen Perspektive.
Dr. Frank Brunsmann, Fachbereichsleiter Diagnose und Therapie der PRO RETINA, betonte „Die Digitalisierung eröffnet im Gesundheitswesen, auch angesichts eines europäischen Gesundheitsdatenraums (EHDS), grundsätzlich neue Chancen, insbesondere auch für Seltene Erkrankungen“. Dr. Robert Finger, Professor an der Universitätsaugenklinik Bonn, war der hybriden Veranstaltung per Video zugeschaltet und unterstrich die Bedeutung der Nutzung von Daten aus der realen Versorgung: „Wir brauchen die Daten aus der realen Versorgung, um zu sehen, wie die Therapien wirklich wirken“, sagte er. Die „Behandlungs-“ oder „Real World Daten“ könnten teilweise die Versorgungspraxis besser abbilden als Daten aus klinischen Studien, die im Rahmen eines stark standardisierten Settings erzeugt werden. Die Real World Daten seien sehr wertvoll für die Versorgungsforschung und deren Nutzung müsse gezielt gefördert werden, sagte Finger. So forderte auch Dr. Brunsmann von der Politik konkrete Strategien für die Nutzung von Gesundheitsdaten. Bisher seien diese praktisch nicht vorhanden. Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), betonte, dass insbesondere mit Blick auf seltene Erkrankungen ein strukturiertes Verfahren der anwendungsbegleitenden Datenerhebung angewendet werden müsse, um Wirtschaftlichkeit und Qualität von Therapien gegeneinander abwiegen zu können.
Dr. Thilo Weichert vom Netzwerk für Datenschutzexpertise in Kiel unterstrich, dass den Chancen der Nutzung von Gesundheitsdaten auch verschiedene Risiken gegenüberstünden, insbesondere mit Blick auf den unterschiedlichen Zweck von Forschung und Behandlung und den Schutz der Privatsphäre der Patientinnen und Patienten. „Doch Datenschutz und Forschungsanspruch lassen sich vereinen“. Die europäische Datenschutz-Grundverordnung sei prinzipiell forschungsfreundlich. „Super wäre der Europäische Gesundheitsdatenraum, wie ihn die Europäische Kommission im Mai 2022 vorgeschlagen hat“, meinte Weichert. Es gäbe hier die Möglichkeit einer generellen Verpflichtung, Daten zur Verfügung zu stellen. MdB Erich Irlstorfer, CSU, betonte in seinem Impulsreferat, „Der Datenschutz darf Versorgung, Behandlung und Heilung nicht im Wege stehen“.
So stimmten Irlstorfer, die SPD-Gesundheitsexpertin Martina Stamm-Fiebich und der Digitalpolitiker und Datenexperte Dr. Volker Redder (FDP) in der an die perspektivischen Impulsvorträge der Experten anschließenden Diskussion in diesen Kanon ein und sprachen sich grundsätzlich für die Nutzung der Patientendaten aus. Martina Stamm-Fiebich sagte, es gelte nun, die Gesundheitsdaten aus der Versorgung auch für die Forschung nutzbar zu machen. Bisher mache es aber die zersplitterte Zuständigkeitslandschaft „fast unmöglich, datengetriebene Forschung zum Wohle der Gesellschaft zu betreiben“. Der wegen seines besonderen Engagements für die seltenen Erkrankungen bekannte Erich Irlstorfer stellte klar, dass Individuelle Patientendaten im digitalen Zeitalter die zwingende Voraussetzung für bessere, transparentere und vor allem patientenorientierte Versorgung seien. Volker Redder von der FDP, bemängelte: „Wir stehen im Bereich der Datenpolitik immer wieder fehlenden Standards gegenüber, die den Zugang und den Austausch von Daten zwischen verschiedenen Nutzern unmöglich machen“. Genau hier greife jetzt die Koalition mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz ein. Die Koalition wolle aber auch die elektronische Patientenakte (ePA) zu einem allumfassenden Datenraum ausbauen, der für die Primär- und Sekundärdatennutzung zugänglich ist. Dabei müssten die Patientinnen und Patienten selbstverständlich „die volle Hoheit über ihre persönlichen Daten behalten“, so Redder. Ähnlich äußerte sich Frau Stamm-Fiebig und sprach sich eindeutig für die Nutzung der Daten aus der elektronischen Patientenakte (ePA) aus: „Der Datenschatz muss endlich gehoben werden“.
In der sich den Expertenvorträgen anschließenden und vom politischen Referenten der PRO RETINA moderierten Podiumsdiskussion wurde an dem Abend mehr als deutlich, dass es zwar schon viele gute Ansätze für die Erhebung und Nutzung von Gesundheitsdaten gibt, es aber auch noch ein langer Weg sein wird, bis letztendlich das volle Potential der Digitalisierung und der damit verbundenen neuen Technologien, von Datenanalyse bis künstlicher Intelligenz (KI), genutzt werden kann.
Der Link für den Live-Mitschnitt der abschließenden Podiumsdiskussion der Berliner Begenung 2023 folgt.