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Fachgespräch der Fraktion Die Linke im Berliner Abgeordnetenhaus: Reicht die Mitbestimmung und der Gewaltschutz für Menschen mit Behinderung im Wohnteilhabegesetz?

Am 03. Juni 2024 fand im Abgeordnetenhaus von Berlin ein Fachgespräch der Linkspartei zur Novellierung des Wohnteilhabegesetzes statt. Dabei sollte sich mit der Frage auseinandergesetzt werden, inwiefern es bei den Neuregelungen bezüglich der Mitbestimmung und  dem Gewaltschutz Probleme beziehungsweise Kritik gibt. Als Podiumsgäste waren Wencke Pohle (Referentin für Sozialpolitik, Lebenshilfe Berlin e.V.), Dr. Britta Schlegel (Leiterin Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention, Deutsches Institut für Menschenrechte),  Daniel Bawey (Geschäftsführer GETEQ, GETEQ Gesellschaft für teilhabeorientiertes Qualitätsmanagement mbH), Anika Huskamp (Frauen-Beauftragte der Bewohnerinnen der Lebenshilfe Bremen) und Elke Breitenbach (Sprecherin für Pflege und Bürger:innenschaftliches Engagement der Linksfraktion) geladen. Die Sachbearbeiterin der Interessensvertretung besuchte das Fachgespräch im Namen von ProRetina.

Inhaltlich wurde unter anderem kritisiert, dass es – anders als zum Beispiel in Bremen – keine Frauenbeauftragten in den Wohneinrichtungen geben muss. Diese müssen verpflichtend eingeführt und mit Budgets und Zugang zu Schulungen ausgestattet werden, um ihren Aufgaben nachkommen zu können. Frau Huskamp bestätigte, dass ihre Arbeit durch das Fehlen von Budgets erschwert wird. Auch wies sie darauf hin, dass die Arbeit durch den Ehrenamtsstatus komplett in der Freizeit stattfindet und zum Beispiel Urlaubstage verwendet werden müssen, was zu einer weiteren Belastung führt. Außerdem wurde das Fehlen von Mindeststandards für Gewaltschutzkonzepte in Einrichtungen bemängelt und gefordert, dass , dass diese gesetzlich festgeschrieben werden müssen und mindestens die Beteiligung der Bewohner*innen bei der Entwicklung der Konzepte, klare Schritte für die Gewaltprävention, klare Schritte für die Aufarbeitung von tatsächlichen Vorfällen, regelmäßige Schulungen für Bewohner*innen und Vernetzung mit externen Beratungsstellen umfassen müssen. Auch die Aufsichtsbehörde müsse hier gestärkt und sensibilisiert werden. Außerdem wurde auf die Leerstellen bezüglich reproduktiver Selbstbestimmung, digitaler Gewalt und fürsorglichem Zwang hingewiesen. Für das Fehlen von einheitlichem Gewaltschutz für Personen mit Behinderungen wurde Deutschland bereits von der UN gerügt, weshalb eine Überarbeitung des Referentenentwurfs besonders nötig ist.

Sowohl Frau Huskamp als auch Herr Bawey betonten, dass bei vielen Bewohner*innen ein großes Unwissen bezüglich der eigenen Rechte und der existierenden Angebote wie zB der Frauenbeauftragten herrscht. Ohne dieses Wissen können jedoch die eigenen Rechte nicht durchgesetzt werden. Auch deshalb müssen zum Beispiel Frauenbeauftragte stärker in der Umsetzung ihrer Aufgaben unterstützt und mehr Vernetzungen mit externen Beratungsstellen geschaffen werden.

Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass es bereits bei den aktuellen Mitbestimmungsformen wie zum Beispiel Bewohner*innenbeiräte Probleme gibt, Personen zu finden, die sich beteiligen wollen. Die ehrenamtliche Beteiligung an Mitbestimmungsformaten muss deshalb stärker wertgeschätzt werden, zum Beispiel durch Ehrenamtspauschalen, aber auch durch eine verpflichtende Einbeziehung der Bewohner*innenvertretung durch die Träger.

 

Hier kann das Fachgespräch nun auch in seiner Gesamtheit auf YouTube geschaut werden.