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Junge Retina in Berlin
politische Jugendbildungsreise 2024
Politische Jugendbildungsreise 2024
Im Rahmen der von der Interessenvertretung von PRO RETINA Deutschland e.V. organisierten politischen Jugendreise nach Berlin kamen vom 07. bis zum 10. Oktober neun junge PRO RETINA Mitglieder in die Hauptstadt. Während des viertägigen Programms trafen die TeilnehmerInnen Bundestagsabgeordnete, besuchten mehrere Museen, den Bundestag und den Dienstsitz des Bundesbehindertenbeauftragten und kamen miteinander und den verschiedensten Stakeholdern ins Gespräch. Die ReiseteilnehmerInnen kamen unter anderem aus Ulm, Leipzig, Hamburg, Köln und Bochum und wurden begleitet vom Leiter der EUTB der PRO RETINA Deutschland e.V., Sylvester Sachse-Schüler, der politischen Referentin Zehra Wellmann-Sam und der Projektmitarbeiterin in der Interessenvertretung, Clara Fiedler sowie mehreren AssistentInnen.
Am ersten Tag der Reise trafen sich die TeilnehmerInnen und VeranstalterInnen in den Räumen der Interessenvertretung für ein erstes Kennenlernen und tauschten sich über bereits gemachte Erfahrungen und Initiativen rund um die politische Partizipation aus. Dabei stellte sich heraus, dass die Mitglieder zwar unterschiedlich viel Erfahrung, oft aber ähnliche Probleme das Fehlen von Hilfsmitteln, Ignoranz von Menschen ohne Behinderungen oder fehlenden bzw. erschwerten Zugang zu Dienstleistungen hatten.
Nach der inhaltlichen Vorbereitung und dem Check-In im Hotel am Askanischen Platz in der Nähe der Interessenvertretung der PRO RETINA ging es dann zu Fuß und per S-Bahn zum Bundestag, wo die Gruppe einem Vortrag zum politischen System der Bundesrepublik und der Geschichte des Bundestags und der BRD lauschen konnte, bei dem sie auch detaillierte Informationen zum Plenarsaal sowie zu den Abläufen der Sitzungen und den Parteien bekam. Anschließend besuchte die Gruppe die Tastmodelle des Bundestagsgebäudes im Erdgeschoss und die Reichstagskuppel. Hier konnten die TeilnehmerInnen selbstständig mit Audioguides und Tastmodellen mehr über die umliegenden Gebäude und Wahrzeichen Berlins erfahren.
Am Dienstagvormittag traf sich die Gruppe erneut in der Interessenvertretung, um die anstehenden Treffen mit Bundestagsabgeordneten und den Mitarbeitern des Bundesbehindertenbeauftragten vorzubereiten und Themen der politischen Interessenvertretung und Partizipatio<s class="msoDel">j</s>n zu vertiefen. Anhand von Leitfäden zur Partizipation und Wahlprüfsteinen, die die Interessenvertretung erarbeitet hatte, wurden mögliche Anliegen und Fragen besprochen, die für die TeilnehmerInnen als Betroffene relevant waren. In einer Gruppenarbeit wurden von den TeilnehmerInnen anschließend eigene Fragen formuliert, die dann noch einmal im Plenum vorgetragen und diskutiert wurden. Dabei ging es unter anderem um den Abbau von Barrieren im Bundestag an sich, den Zugang zum sogenannten „Ersten Arbeitsmarkt“ entsprechend der eigenen Qualifikationen und Wünsche und die Tatsache, dass z.B. Arztpraxen PatientInnen den Zugang aufgrund von Assistenzhunden erschweren.
Nach einem gemeinsamen Mittagessen brach die Gruppe ins Kleisthaus – dem Dienstsitz des Bundesbehindertenbeauftragten – auf, um sich mit den Mitarbeitern des Bundesbehindertenbeauftragten zu treffen. Schnell entwickelte sich aus dem Vortrag der Mitarbeiter von Jürgen Dusel eine angeregte Diskussion, bei der es vor allem um Barrieren für Blinde und Sehbehinderte Menschen im öffentlichen Raum ging und um die Schwierigkeiten, die selbst bei Einschaltung von Schlichtungsstellen, von denen eine auch beim Bundesbehindertenbeauftragten angesiedelt ist, auftauchen. Eine Teilnehmerin mit einer Blindenassistenzhündin hatte trotz Vermittlungsbemühungen der Schlichtungsstelle nicht erreichen können, dass Sie mit Ihrer Hündin barrierefrei eine Arztpraxis besuchen konnte. Die zahlreichen frustrierenden Erfahrungen der TeilnehmerInnen standen der Darstellung der Mitarbeiter des Bundesbehindertenbeauftragten, die aus Ihrem Arbeitsalltag berichteten, gegenüber, und zeigten damit, wie wichtig es wäre, diese Form von Austausch zwischen den Betroffenen und den Bundesbehörden nicht nur punktuell, sondern regelmäßig durchzuführen.
Im Anschluss kehrte die Gruppe für ein Treffen mit MdB Erich Irlstorfer (CDU/CSU), ins Büro der Interessenvertretung zurück. Er ist ordentliches Mitglied im Ausschuss für Gesundheit und arbeitet unter anderem zu Pflegeberufen, Kinder- und Jugendmedizin sowie Seltenen Erkrankungen, von denen viele der PRO RETINA Mitglieder betroffen sind und außerdem seit 2023 auch Jurymitglied des PRO RETINA Journalistenpreises. Nach einem kurzen Input zu seinem Leben und Wirken stellte er sich den Fragen der Gruppe rund um den Zugang zum Arbeitsmarkt entsprechend der bereits existierenden Qualifikationen und Interessen und die Ausgleichsabgabe, die Arbeitgeber zahlen können, um die Schwerbehindertenquote zu umgehen. Insbesondere die Ausgleichsabgabe und der Eindruck, dass Unternehmen sich durch diese „freikaufen“, statt den BewerberInnen eine Chance zu geben, ihr Können unter Beweis zu stellen, spielte in der hitzigen Diskussion eine große Rolle. Zum Abschluss des Tages besuchte die Gruppe eine Aufführung im Friedrichstadtpalast mit Audiodeskription, die vom Berliner Spielplan Audiodeskription außerplanmäßig organisiert worden war.
Am Mittwoch, dem dritten Tag der politischen Bildungsreise, brach die Gruppe direkt nach dem Frühstück ins Samurai Museum in Berlin-Mitte auf, wo sie eine Tastführung durch die Ausstellung von der Kuratorin Alexandra Weber erhielt. Die TeilnehmerInnen konnten die Rüstungen und Schwerter der Samurai ertasten und den Trommeln einer traditionellen japanischen Vorführung lauschen. Am Nachmittag fand in der Interessenvertretung ein Gespräch mit Jörg van de Fenn statt, der PRO RETINA Mitglied und Mitglied im Berliner Behindertenparlament mit Fokus auf Teilhabe im Sport und im Behindertenbeirat Pankow ist. Er gab den TeilnehmerInnen ungeschönte Einblicke in seine Arbeit in beiden Gremien. Außerdem wies er auf die Wichtigkeit von persönlichen Kontakten und Netzwerken hin. Nach dem Gespräch gab es zunächst eine zweistündige Pause, bevor die Gruppe erneut in den Bundestag aufbrach, um von den Besucherrängen aus die Parlamentsdebatten zur Reform der Notfallversorgung in Deutschland und zur Abschaffung des Lieferkettensorgfaltpflichtgesetzes live zu verfolgen. Hier hatten die Teilnehmer das Glück, MdB Irlstorfer noch einmal im Plenum bei seiner Arbeit zu erleben, und zwar als Schlussredner zur Reform der Notfallversorgung in Deutschland.
Im Anschluss an den Besuch der Plenardebatte empfing MdB Hubert Hüppe (CDU), der auch ehemaliger Bundesbehindertenbeauftragter ist, die Gruppe zum Gespräch. Hubert Hüppe fokussiert sich in seiner Arbeit unter anderem auf Themen wie Bioethik, Inklusion und Politik für Menschen mit Behinderungen. Herr Hüppe stand der Gruppe ebenfalls circa eine Stunde lang Rede und Antwort und bildete damit den Abschluss des Abends.
Am Donnerstag, dem letzten Tag der Reise, brach nach dem Check-Out aus dem Hotel ein Teil der Gruppe zu einer Tastführung in die deutsche Kinemathek auf, während die andere Hälfte sich selbstständig mit barrierefreien Audioguides durch die Topographie des Terrors bewegte. Zuletzt kehrte die Gruppe für eine finale Abschluss- und Feedbackrunde in die Interessenvertretung zurück. Mit vielen lebhaften Eindrücken und positivem Feedback verabschiedeten sich die Teilnehmer von den Mitarbeiterinnen der Interessenvertretung und EUTB.