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AUGEN BLICK SCHAU MAL! Inklusives Schulprojekt 2025 in Augsburg-Oberhausen
Mit 138 Schulkindern der 5. Mittel-, Förder- und Realschulklassen fanden am 25. und 26. März 2025 die Inklusionstage in Augsburg-Oberhausen statt.
Im Jugendzentrum H2O konnten die Schüler*innen hautnah erleben, was es bedeutet, mit einem Handicap zu leben. So durften sie u. a. ausprobieren, sich in einem Rollstuhl fortzubewegen, oder testen, wie es ist, wenn man nicht hören oder schlecht bzw. gar nicht sehen kann.
Und wer kann am besten vermitteln, wie man mit Menschen, die ein Handicap haben, umgeht? Natürlich wir als selbst Betroffene einer Seheinschränkung oder Blindheit.
Bei uns, Marion, Anna, Leyla, Manuel und Uli von der Regionalgruppe Augsburg der PRO RETINA, konnten sich die Kinder einen praktischen Eindruck davon machen, wie man als blinder oder sehbehinderter Mensch den Alltag, z. B. im Haushalt oder im Straßenverkehr, bewältigt.
Unter dem Motto AUGEN BLICK SCHAU MAL! gab es verschiedenste Sinnes-Stationen zu den Themen Tasten, Hören, Riechen, Schmecken und außerdem Hilfsmittel für den Alltag.
Bei Anna wurde der Tastsinn ausprobiert: „Fühl mal – was verbirgt sich hier?“
Vorsichtig-neugierig steckten die Kinder ihre Finger in die bunten Täschchen und spürten: eine Wäscheklammer, eine Rolle Tesafilm, eine Walnuss, ein Kuli, einen Teebeutel und vieles andere mehr.
Oder der Münzentest: „Nimm dir eine Euromünze und probier ohne zu gucken aus, ob du am Rand spürst, welchen Geldwert sie hat.“
Denn die verschiedenen Geldmünzen unterscheiden sich in ihren Rändern, die grob oder fein geriffelt sind. Das konnten die Kinder sehr gut fühlen.
Dass das 20-Cent Stück das schönste ist, da sind sich Anna und Marion einig.
Beim Hörmemory wurden tüchtig die Geräuschdosen geschüttelt. Es war gar nicht immer einfach, zwei gleich klingende Paare zusammenzufinden – aber alle hatten viel Spaß dabei!
Bei Marion ging es um Ordnung im Haushalt. Faszinierendes Hilfsmittel: das Farberkennungsgerät!
„Was ist deine Lieblingsfarbe?“, hieß es, und gleich prüfte Marion mit dem Gerät im praktischen Handyformat, ob die jungen Besucher*innen auch den Lieblingspullover oder ein Sweatshirt in genannter Farbe trugen.
Wäsche sortieren – ebenfalls kein Problem. Mit dem Farberkennungsgerät lassen sich zwei passende Socken schnell zusammenführen und in die Sockenschublade befördern.
Bei Leyla drehte sich alles um das Riechen. In der Küche ist die Nase nämlich besonders wichtig, um Gewürze beim Backen und Kochen zu verwenden. Eifrig schnupperten die Kinder an Zimt, Nelke, Zitrone und Vanille, bevor es mit Hilfe der sprechenden Küchenwaage ans Abwiegen von Kunststoff-Eiern, Zucker, Backpulver und Mehl ging.
Und auch der Tastsinn wurde in der Küche gefordert: Die Kinder durften in einem Messbecher die innere taktile Skala von 250 und 500 ml fühlen, „damit auch einmal blind ein Pudding gekocht werden kann“, erklärte Leyla.
Bei Daniela, der Projektleiterin der Schulen, und ihrer Kollegin Eileen sowie der H2O Praktikantin Isabel testeten die Kinder mit leckeren getrockneten Himbeeren, Erdbeeren und Bananen ihren Geschmackssinn.
Von der Küche in den Straßenverkehr: Uli zeigte den Kindern zunächst anhand eines Plakats vom Brandenburger Tor, wie Menschen mit verschiedenen Augenerkrankungen die Umwelt sehen, zum Beispiel alles stark verschwommen oder fleckig. Er vermittelte ihnen, wie man sich auch mit Seheinschränkungen im Straßenverkehr zurechtfinden kann. Anhand von Musterplatten beschrieb er das Blindenleitsystem und wie man sich mit dem Blinden-Langstock daran orientieren kann, zum Beispiel an Bahnsteigkanten.
Das Tiefbauamt hatte uns einen Mustermast mit vielen in Augsburg verbauten Signal-Blinden-Ampelanlagen zur Verfügung gestellt. Daran konnten die Kinder ausprobieren, wie man die Grünphase für blinde Fußgänger anfordern kann.
Wissen Sie es oder weißt du es?
Also auch wieder fühlen und hören! Unterhalb des gelben Kästchens an der Ampel befindet sich ein taktiler Pfeil; die Spitze des Pfeils zeigt die Laufrichtung an, da wird draufgedrückt. Danach hört man erst einmal einen Bestätigungston, dass die Anlage funktioniert. Und warum klackert die Signal-Ampelanlage manchmal im Dauerton? Das hilft blinden Menschen, die Ampel überhaupt zu finden.
„Also, so einfach ist das gar nicht im Straßenverkehr“, stellten die Kinder fest.
Darum erklärte Uli auch noch die verschiedenen Kennzeichnungen, gelbe Plakette und blaue Plakette, und den Blinden-Langstock. „Wenn ihr einen Menschen mit Abzeichen oder Langstock seht, fragt ihn gern, ob ihr eure Hilfe anbieten könnt.“
Unsere sehenden Helfer*innen Thomas und Judith zeigten den Schulkindern, wie man einen blinden Menschen richtig führt und wie man mit dem Langstock laufen kann.
„Es war interessant zu sehen, wie die Kinder auf das alleinige Laufen mit dem Langstock und das Geführtwerden reagieren“, sagt Thomas, „die Reaktionen reichten von ‚fühlte mich sehr unsicher‘ oder ‚hatte ein bisschen Angst‘ bis zu ‚war voll cool‘. Auch vorher sehr lebhafte Kinder waren super konzentriert und oft auch beeindruckt von ihren neuen Erfahrungen.“
Letztendlich ließen sich alle Kinder unter der Schwarzbrille führen und trauten sich auch einmal alleine mit dem Stock zu gehen.
Da ist gegenseitiges Vertrauen und auch ein bisschen Mut wichtig; und keine Frage: Die menschliche Hilfestellung ist sehr wertvoll für hochgradig sehbehinderte und blinde Menschen.
Und schließlich war da auch noch Manuel, der den vielen Schüler*innen und Lehrer*innen unermüdlich ihre Vornamen mit der Blindenschreibmaschine auf eine Postkarte geschrieben hat.
Auf den eigenen Namen in Blindenschrift und das mitgegebene Braille-ABC waren die Kinder besonders stolz!
Manuel erklärte das 6-Punkte-System der Blindenschrift, die in diesem Jahr 200-jährigen Geburtstag feiert. Weil der Erfinder der Blindenschrift Louis Braille heißt und bei dieser Schrift Punkte auf dem Papier zu fühlen sind, kann man die Blindenschrift auch Braille- oder Punktschrift nennen.
Nach zwei erfüllten Aktionstagen, tollen Gesprächen mit den Kindern, viel Freude und Engagement bei den einzelnen Stationen war uns allen klar: Das hat sich gelohnt!
Unser Fazit:
„Für mich waren es zwei sehr intensive und abwechslungsreiche Tage, die mir die interessierten und netten Schüler*innen bescherten.“
Uli
„Die beiden Tage waren anstrengend, aber voller schöner Erlebnisse. Als ehemaliger Lehrer dachte ich mir dabei immer wieder: Schade, dass diese Zeit mit den Kindern vorbei ist.“
Thomas
„Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, alles für den Projekttag vorzubereiten. Die ehrenamtliche Arbeit mit Kindern ist wunderbar, denn sie sind so herrlich unvoreingenommen! Und wirklich sinnvoll war es, dass auch die Lehrer*innen direkt mit im Geschehen waren.
Unser Team hat mit allen Sinnen gut zusammengewirkt!
Danke an Alle!“
Marion