Möchten Sie die Darstellung der Website ihren persönlichen Bedürfnissen anpassen?
Die Einstellungen können Sie auch später noch über das Symbol
ändern.
Ausflug zum Allwetterzoo Münster des Forum für jüngere Betroffene - Juni 2018
Michael Pesch
Nachdem unser Familiengrillfest im September 2017 ein großer Erfolg war, wollten wir von der „Kükenrunde“ der PRO RETINA Regionalgruppe Düsseldorf wieder einen Familientag machen. Und wie im Jahr zuvor kam die Initiative von Michael Beumann und er hatte den Allwetterzoo Münster vorgeschlagen, weil man dort maßgeschneiderte Führungen buchen kann. Michael übernahm dann auch die Koordination mit den sehr hilfsbereiten Kuratoren des Zoos.
Am 2. Juni machte sich so unsere 15 köpfige Gruppe (6 Küken mit Familie, darunter 4 Kinder) frühmorgens auf den Weg, entweder in der Gruppe im Zug oder mit dem Auto. Im Zoo wurden wir um 11 Uhr von unseren zwei Zooführerinnen empfangen und ins Aquarium des Zoos geführt. Dort durften wir eine kleine Sternschildkröte in die Hand nehmen und einer Bartagame, welche durch ihre Stacheln am ganzen Körper und ihrer Halskrause wie ein kleiner Drache wirkt. Angst musste niemand haben, denn diese Echse frisst am liebsten Obst. So trauten sich dann auch die Kinder, den kleinen Kerl anzufassen.
Ab hier teilten wir uns in zwei Gruppen auf, welche sich unterschiedlichen Tieren widmeten. Unsere Gruppe ging zunächst zu den chinesischen Muntjakhirschen wo wir den Unterschied zwischen Hörnern und Geweihen gelernt und erfühlt haben. Ab der nächsten Station, den Brillenpinguinen, wurde deutlich, wie sehr unsere Führerin verinnerlicht hatte, dass eine Blinden- und Sehbehindertenführung viel mehr sein kann als nur „ich beschreibe dir, was du nicht siehst“: Die Funktionsweise der isolierenden Federn der Pinguine, der grossen Schwungfedern der Gänsegeier und der ausgefransten Federn der Eulen, welche ihnen einen lautlosen Flug ermöglichen, konnten wir nicht nur erfühlen, sondern am Beispiel der Eulenfedern in einfachen Versuchen auch hören. Bei den lebhaften Kegelrobben, welche die grössten Raubtiere Deutschlands sind, haben wir dann erfahren, dass blinde Robben gut durchs Leben kommen, da sie bei der Nahrungssuche selbst die Fischart an den Vibrationen der Barthaare erfühlen können. Von dieser Fähigkeit hätte ich gerne auch was!!
Die nächste Station war das Affenhaus. Auch hier ging es um Sinne, und zwar die der Lemuren von Madagaskar: während ein Clan der Varis seine Präsenz und Zusammengehörigkeit durch lautstarkes gemeinsames Rufen dokumentiert, tun dies die Kattas über das senkrechte Aufstellen ihres schwarzweiss geringelten Schwanzes. Macht ja Sinn: die Varigruppe sitzt im Dickicht, wo man theoretisch immer nur einzelne Individuen sehen kann, während der Katta oft auf dem Boden unterwegs ist, wo der gereckte Schwanz weithin sichtbar ist. Sehr interessant ist, daß die sogenannten Trockennasenaffen, zu denen ja auch wir Menschen gehören, die Genießbarkeit ihrer Nahrung in erster Linie über die Augen beurteilen, Feuchtnasenaffen, zu denen die Lemuren gehören, nutzen dazu eher die Nase. Schade, für uns wäre es umgekehrt jetzt vielleicht besser….
Schwer zu sehen für uns Sehbehinderte, aber ein großer Spaß für die Kinder, war das Kugelgürteltier Norman, welches sich das Gehege mit einer Affengruppe teilt. Auf die Ohren gab es an der nächsten Station, dem Nordseestrand. Nicht alle Vogelarten haben sich gezeigt, aber alle waren deutlich zu hören und wir konnten die Rufe der Säbelschnäbler, Austerfischer und vor allem die Rotschenkel nach Anleitung unterscheiden. Das wäre auch normalsichtigen Zoobesuchern ohne Führung vielleicht nicht gelungen. Dazu kamen die sich ständige zur Schau stellenden Kampfläufer und andere Vogelarten.
Weiter ging es zu gut sichtbaren Tieren. Zunächst konnten wir die auffallende schwarzweisse Affenart Guereza aus Afrika betrachten, welche sich lässig im hellen Tageslicht räkelten und wärmten und es uns Betrachtern leicht machten. Dann ging es vorbei an den riesigen Gauren aus Südasien, mit einer Tonne Gewicht den größten Rindern der Welt, und den Netzgiraffen, die wir aus nächster Nähe betrachten konnten, zum Zoorestaurant, wo nach zwei Stunden die Führung endete und wir auf die andere Gruppe trafen. Hier haben wir gemeinsam zu Mittag gegessen und die Kinder konnten sich auf dem großen Spielplatz austoben.
Im Restaurant hatten wir Gelegenheit unsere Erlebnisse auszutauschen. So hat Britta berichtet, dass sich der syrische Braunbär von den anderen Bären durch sein besonders helles Fell unterscheidet und dass das vielleicht schönste Pärchen des Tierparks getrennt lebt, denn die beiden Tiger können sich nicht wirklich gut leiden.
Vorbei an verschiedenen Pferde und Esel-Rassen konnte am Elefantengehege ein echter Elefantenköttel ertastet werden. Wenigstens musste man hier nicht da Gefühl haben, daß uns visuell etwas durch die Lappen geht…
Zum Abschluß noch ein interessantes Detail zum Tierschutz: freilebende Nashörner haben manchmal pinke Hörner! Die pinke Farbe ist für die Nashörner ungefährlich und soll die Wilderer davon abhalten, die Nashörner zu erschießen um an das kostbare Nashorn heranzukommen. Dieses ist vor allem auf dem chinesischen Schwarzmarkt eine Menge Geld wert.
Nach dem gemeinsamen Mittagessen hat sich unsere Gruppe aufgelöst und wir haben uns aufgeteilt, um die Tiere im Zoo zu sehen, die nicht Teil unserer jeweiligen Führung gewesen waren. Das schöne Wetter, viele andere spannende Tiere und die tollen Spielplätze machten es möglich, dass selbst die Kinder bis zum Abend durchgehalten haben.
Ich bin mir sicher im Namen aller zu sprechen, dass es ein wunderschöner Familienausflug mit einer Zooführung war, welche sich nicht nur an Blinde und Sehbehinderte richtete, sondern eine, an der alle viel Spaß hatten, mit oder ohne Handicap! Gleichfalls im Namen aller möchte ich mich noch einmal ganz herzlich beim Zoo Münster, vor allem aber bei Michael Beumann für die Organisation dieses Tages bedanken!