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„Europa live erleben“

Die Tour „Europa live erleben“ verdanken wir der Initiative von Theo Neunzig. Theo organisierte zusammen mit Herbert Hansen, dem persönlichen Referenten des Präsidenten des Europäischen Parlamentes Herrn Martin Schulz, die Reise. Herr Hansen begleitete uns während  der gesamten Tour. Er erzählte uns, dass er mit Herrn Schulz bereits seit der Schulzeit befreundet sei und ihn irgendwie sein ganzes Leben begleitet hat. Schon als Herr Schulz noch Bürgermeister der Stadt Würselen war, organisierte Herbert Hansen sein Büro. Letztendlich ist der ihm sogar nach Brüssel gefolgt.

Mittwoch, 08.07.2015

Pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt waren alle am Treffpunkt. Ich für meinen Teil, war etwas nervös… was würde uns erwarten, wie würden wir miteinander auskommen? Ich war sehr gespannt und voller Vorfreude.

Wir verließen Köln in Richtung Neustadt an der Weinstraße. Unser erster Programmpunkt war das „Hambacher Schloss“. Uns erwartete eine interessante Führung, bei der wir sogar Modelle des Schlosses ertasten konnten.

 

Das Hambacher Schloss wird heute als „Wiege der deutschen Demokratie“ bezeichnet. Ein bedeutendes Ereignis war das „Hambacher Fest“ 1832, eine Demonstration für Einheit, Friede und Demokratie, die als Festakt getarnt war. Es ging um Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit und um die Gleichberechtigung der Frau. Das Schloss zierte eine eigens entworfene Hauptfahne in „schwarz – rot – gold“. Die Original-Fahne konnte man in der Ausstellung bewundern.

 

Nach einer Stärkung im angrenzenden Café ging es weiter in unser Hotel nach Achern.

 

Nachdem wir unsere Koffer ausgepackt und der eine oder andere sich etwas ausgeruht hatte, trafen wir uns im Hotel-Restaurant zu einem wunderbaren gemeinsamen Abendessen.

 

Herr Hansen stellte uns seinen Freund Bruno vor, der uns von da an ebenfalls auf der Reise begleitete. Ich glaube, keiner von uns kennt bis heute seinen Nachnamen, für uns war es einfach Bruno. Herr Hansen war ab diesem Zeitpunkt auch für die meisten schon einfach Herbert.

 

Donnerstag, 09.07.2015

Durch ein ausgiebiges Frühstück gestärkt ging es auf nach Straßburg.

 

Wir besuchten zuerst das Europäische Parlament. Das Parlament ist ein Gebäude, das absichtlich „unfertig“ gebaut wurde... symbolisch dafür, dass Europa auch noch nicht fertig und immer noch daran zu arbeiten ist.

 

Direkt bei der Sicherheitskontrolle im Eingangsbereich gab es großes Gelächter. Ein Teilnehmer hat nun ein Schweizer-Taschenmesser weniger und einen neuen Spitznamen dazu bekommen „Mackie Messer“. Im Innern des Gebäudes fiel uns natürlich direkt auf, dass die Barrierefreiheit zu wünschen übrig lässt. Viele meinen ja immer, es gibt einen Aufzug also ist alles barrierefrei… aber an uns Sehbehinderte und Blinde denkt oft kaum jemand. Wir haben natürlich darauf hingewiesen und uns selbst untereinander geholfen und unterstützt.

 

Wir haben viel Wissenswertes über das Europäische Parlament erfahren.Es ist ein wichtiges Gremium für die Gesetzgebung in Europa. Neben dem Europarat werden hier Gesetze erarbeitet und auf den Weg gebracht. Das Parlament hält an mehreren Orten Sitzungen ab.

 

Die Plenarsitzungen werden in Straßburg, also in Frankreich abgehalten. An einer solchen Plenarsitzung durften wir teilnehmen, Thema war die „Panoramafreiheit“, es sollte abgestimmt werden, ob das Urheberrecht beim fotografieren von öffentlichen Gebäuden verschärft werden solle. Jeder Redner hatte nur eine bis anderthalb Minuten Zeit, um sich zum Thema zu äußern. Im Anschluss an diese Plenarsitzungen finden die Abstimmungen statt. Wir erfuhren später, dass das EU-Parlament für die Panoramafreiheit gestimmt hat - also gegen eine Verschärfung.

 

Kurze Sitzungen und die Arbeit der Ausschüsse finden in Brüssel, also in Belgien statt. Die Verwaltung des Parlaments sitzt in Luxemburg. Die Entscheidung über die unterschiedlichen Sitzungsorte liegt jedoch nicht beim Parlament, sondern bei den Mitgliedsstaaten im Rat. Hierüber wird einstimmig entschieden, was eine Änderung schwierig macht.

 

Im Anschluss hat sich der Schwerbehinderten-Vertreter des Parlamentes vorgestellt. Leider hatten wir den Eindruck, dass dort noch etwas mehr für die schwerbehinderten Mitarbeiter getan werden könnte.

[bild:2795|gesamte Reisegruppe im europäischen Parlament|]

 

Nach dem Wissensdurst sollte nun aber der richtige Durst und der kleine Hunger gestillt werden. Zur Mittagspause ging es in die Altstadt von Straßburg.

 

Nach der Pause besuchten wir das Wahrzeichen der Stadt, den berühmten Straßburger Münster, der 2015 sein 1000-jähriges Jubiläum feiert. Der Münsterplatz davor wird zu den schönsten Marktplätzen in Europa gezählt, nicht zuletzt wegen der zahlreichen, malerischen Fachwerkhäuser. Das ganze Zentrum der Stadt, auch als "Grande Île" bezeichnet, wurde von der UNESCO aufgrund der vielfältigen Architektur zum Weltkulturerbe erklärt. Zuerst erkundeten wir Straßburg zu Fuß und später gab es noch mehr bei einer Bootsfahrt auf der „Ill“ zu entdecken.

[bild:2796| Straßburger Münster|]

Ebenfalls besuchten wir den Europarat.

Der Europarat ist Europas führende Organisation für Menschenrechte.

Er hat 47 Mitgliedsstaaten, darunter die 28 Mitglieder der Europäischen Union. Alle Mitgliedsstaaten des Europarates haben die Europäische Menschenrechtskonvention gezeichnet, den Vertrag zum Schutz der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit.

 

Nach so einem ausgefüllten Tag hatten wir uns Flammkuchen „bis zum Abwinken“ redlich verdient. Im Restaurant „Au Dauphin“ wurden wir mit der Elsässer Spezialität in verschiedenen Variationen verwöhnt.

 

Freitag, 10.07.2015

 

Am Freitag startete unser Programm mit dem Mummelsee im wunderschönen Schwarzwald. An einem Verkaufsstand probierten wir die bekannten „Bommelhüte“ der Trachtenmode aus, wobei natürlich die Frage aufkam, wann man welche Farbe trägt. Dank Internet kann ich denen, die es interessiert nun berichten, dass die Hüte mit den roten Bommeln von den unverheirateten Mädchen getragen werden und die schwarze Variante von den verheirateten Frauen.

 

Weiter ging es zum Naturschutzgebiet Taubergießen. Zu zehnt in einem Holzboot wurden wir durch dieses atemberaubende Gebiet gepaddelt. Soweit es für den einzelnen möglich war, gab es u.a. Sumpfbiber, Enten, Schwäne und sogar Eisvögel zu sehen. Jedenfalls war dort in diesem Gebiet eine sehr erholsame Stille... bis vielleicht auf unser Gelächter - ich bin froh, dass wir nicht gekentert sind.

 

Als nächster Punkt auf dem Programm stand die wunderschöne Stadt Staufen.

Die dortige Burg wurde erbaut zum Schutz des Silberbergbaus im Münstertal. Inhaber der Burg waren die Herren von Staufen. Sie sind aber nicht verwandt mit dem Herrschergeschlecht der Staufer. Nach dem Niedergang des Bergbaus im Münstertal zu Beginn des 14. Jahrhunderts erhoben die Herren von Staufen das Dorf Staufen zur Stadt. Die Stadt wurde planmäßig nördlich des alten Dorfs angelegt. Die Stadtanlage lässt sich bis heute im Bereich der Hauptstraße bis in Einzelheiten, wie etwa dem Stadtbächle nachvollziehen.

 

Berühmtester Einwohner Staufens war Johann Georg Faust, jener sagenumwobene Alchimist und Magier. Angeblich hatte der Burgherr Faust als Goldmacher angestellt. Faust kam in seinem Zimmer im Gasthaus "Löwen" auf spektakuläre Weise ums Leben, vermutlich bei einer chemischen Explosion. Sein Leichnam war jedoch so deformiert, dass man annahm, der Teufel hätte seine Seele geholt.

 

In den Jahren 2006 bis 2007 wurde das Staufener Rathaus aus dem 16. Jahrhundert renoviert und saniert. Mittels „Geothermie“ also Erdwärme sollten die Räume im Winter beheizt und im Sommer gekühlt werden. Leider ging eine der benötigten Bohrungen im wahrsten Sinne des Wortes schief. Es stellte sich heraus, dass Grundwasser in eine darüber liegende Gipsschicht gedrungen war. Durch die Wasseraufnahme begann die Gipsschicht sich in Gips umzuwandeln und dehnte sich aus. Die Folgen dieser Ausdehnung waren Risse in den Gebäuden der Stadt. Bis heute hat sich der betroffene Teil der Stadt bereits um ca. 60 cm angehoben.

 

Nach dieser eher traurigen Geschichte Staufens, hob die Stimmung jedoch durch die anschließende Weinprobe schnell wieder an. Zu den Probierweinen gab es regionstypische „Schäufele mit Kartoffelsalat“.

 

Samstag, 11.07.2015

 

Über die Elsässer Weinstraße fuhren wir Richtung Colmar.

 

Einen sehr angenehmen Zwischenstopp legten wir in Ribeauville ein. Bereits um 11 Uhr machten wir eine sehr schöne und leckere Weinprobe. Zu den Probierweinen wurde Elsässer Gugelhupf gereicht. Der Gugelhupf wird hier traditionell als Apéritif gereicht, in einer salzigen und einer süßen Variante.

 

Dann ging es weiter nach Colmar. Die drittgrößte Stadt im Elsass liegt direkt an der Weinstraße und bezeichnet sich gern als Hauptstadt der elsässischen Weine. Colmar hält viele Sehenswürdigkeiten bereit. Am Fluss Lauch liegt das Viertel Krutenau, elsässisch für Kräuter-Aue, welches aufgrund der sehr schönen Häuser und Brücken auch „Klein-Venedig“ genannt wird. Das Viertel grenzt an das ehemalige Gerberviertel. In der Nähe der Krutenau liegt das Fischerufer, das zu den meistfotografierten Motiven der Stadt zählt. Eine weitere Sehenswürdigkeit ist das Unterlinden-Museum mit dem Isenheimer Altar. Obwohl das Museum zurzeit umgebaut wird, hatten wir die Möglichkeit den Altar in der Dominikanerkirche zu besichtigen.

 

Zurück in Straßburg, ging es zum Abendessen in das wunderschöne „Château de l'Île“. Obwohl unser erster Gedanke war: „wir haben für ein Abendessen auf einem Schloss weder Anzug noch das kleine Schwarze im Gepäck“ und obwohl somit das Personal schicker gekleidet war als wir… hatten wir viel Spaß.

Zum Empfang gab es Crémant, einen Schaumwein. Die Elsässer sagen „lieber einen guten Crémant als einen schlechten Champagner“. Dieser Crémant war sehr gut. Ebenfalls eine Elsässer Spezialität ist das Sauerkraut. Die Franzosen reichten dazu Fisch, es gab aber auch eine Fleisch-Variante.

 

Leider neigte sich mit diesem schönen Abend auch der letzte Abend unserer Tour.

 

Sonntag, 12.07.2015

 

Bei schönstem Wetter wurde die Rückfahrt angetreten.

 

Wir machten halt in Bitche um die Maginot-Linie zu besuchen.

 

Die Maginot-Linie war ein aus einer Linie von Bunkern bestehendes Verteidigungssystem entlang der französischen Grenze zu Belgien, Luxemburg, Deutschland und Italien. Das System wurde benannt nach dem französischen Verteidigungsminister André Maginot. Es wurde von 1930 bis 1940 gebaut um Angriffe aus diesen Nachbarländern zu verhindern.

 

Seit 1965 hat die französische Armee im ehemaligen Hauptmunitionslager im Simserhof, einem der Abschnitte, ein Museum eingerichtet. Es wird ein Film über die Entstehung der Maginotlinie gezeigt und anschließend eine Tour mit einer automatisierten Bahn durch die Munitionslager gemacht. Die Tour schildert, durch audiovisuelle Medien unterstützt, die Situation während des Krieges aus Sicht eines der stationierten Soldaten.

 

Ich empfand den Besuch gleichzeitig sehr interessant und sehr bedrückend. Ich war eine der jüngeren Teilnehmerinnen der Tour, wie müssen sich also diejenigen gefühlt haben, die die Ereignisse des Krieges miterlebt haben?

 

Nach einer bedächtigen kurzen Pause ging es Richtung Mettlach.

Wie besuchten das Museum von Villeroy und Boch. Einige machten in dem dazugehörigen Café eine Kaffeepause, andere zog es in den Biergarten in der Nähe.

 

Als wir Richtung Köln fuhren, wurde das Wetter erheblich schlechter. Nicht nur der Himmel sondern auch wir waren traurig, dass die wunderbare Reise sich nun dem Ende neigte. An der letzten Raststätte verabschiedeten wir uns in aller Ruhe.

 

Ich denke, ich spreche im Namen aller, wenn ich noch einmal DANKE sage. Danke an alle die uns begleitet haben, speziell an alle Reiseführer, an Jürgen den Busfahrer (und Grüße an seine Frau, die uns immer Geleitschutz gegeben hat) und besonders an Herbert und Bruno.

 

Ich selbst sage DANKE, dass ich die Möglichkeit hatte, mit einer so tollen Truppe und Gemeinschaft eine so schöne Reise erleben zu dürfen.

von Andrea Finger