Möchten Sie die Darstellung der Website ihren persönlichen Bedürfnissen anpassen?
Die Einstellungen können Sie auch später noch über das Symbol
ändern.
26.07.2017 - Führung durch St. Pantaleon
Erlebnisbericht über die Führung St. Pantaleon am 26. August 2017
In der Reihe der Führungen zu und durch Kölner Kirchen ging es diesmal zu der ältesten der 12 romanischen Kirchen: St. Pantaleon in der südlichen Altstadt. In dem Wissen, dass für diese Führung erneut der uns wohlbekannte und geschätzte Herr Dr. Ulrich Bock gewonnen werden konnte, war sie natürlich wieder einmal ausgebucht.
Wir trafen uns am Pantaleonstor. Dieses Tor war in früherer Zeit die Endstation der Eisenbahn, mit der man in „nur“ 4 Stunden Bonn erreichen konnte. Der erste Eindruck der Kirche, der sich uns bot, war das mächtige Westwerk. Dieser erste Blick lässt erkennen, dass die Kirche tatsächlich auf einem Hügel liegt.
Vor dem Westwerk befindet sich im Boden eine rot-schwarze Pflasterung. Dr. Bock lief über das rote Pflaster um unsere Gruppe, die sich wie selbstverständlich im Innern dieserMarkierung aufgestellt hatte und gab so auch den Teilnehmern mit geringem Sehvermögen einen Eindruck von der Größe des Baptisteriums. Diese karolingische Taufkapelle, die aus der Zeit vor 900 stammte, hatte einen Grundriss in Form eines Oktogons.
Als einen wesentlichen Unterschied zu üblichen Kirchenbauweisen stellte Herr Dr. Bock heraus, dass St. Pantaleon nicht geostet ist, sondern um ca. 31° aus der Ost-West-Richtung abweicht. Damit folgten die Bauherren in Form und Größe strikt einem römischen Vorgängerbau, der als „Domus ecclesiae“, also einem zu Gottesdiensten zur Verfügung gestellten Privathaus bezeichnet wird.
Wir konnten später in der Krypta einen Blick auf Mauerreste werfen. Es handelt sich um die Reste eines römischen Hauses aus dem 3. Jahrhundert, also um die Keimzelle des Kirchenbaus.
Im Anschluss an diese ersten Erläuterungen ging es zu den ottonischen Resten des ehemaligen Kreuzgangs. Ottonisch deshalb, weil Erzbischof Bruno, Bruder Kaiser Ottos des Großen im Jahre 955 hier ein Benediktinerkloster gründete. Es handelte sich um eine wehrhafte Klosteranlage, weil sie außerhalb der römischen Stadtmauer auf einem Hügel lag.
Erst mit der großen Stadterweiterung ab 1180 wurde das Kloster in
das gesicherte Stadtgebiet einbezogen. Es bestand wieder die für uns so
wichtige Möglichkeit, Dinge durch Ertasten zu „begreifen“. Indiesem Fall andelte es sich um die ottonischen Säulen aus Tuffstein, die sich nach oben verjüngen und mit Pilzkapitellen abschließen.
Wieder zurück vor der Westfassade, erfuhren wir, dass Theophanu, die Nichte des oströmischen Kaisers, die Gemahlin Kaisers Otto II. wurde. Sie brachte die Reliquien des heiligen Pantaleon mit nach Köln und ließ das Westwerk neu errichten und mit einem monumentalen Skulpturenzyklus an der Westfassade versehen. Kaiserin Theophanu starb im Alter von ca. 31 Jahren im Jahre 991
und wurde auf eigenen Wunsch in St. Pantaleon bestattet. Sie ist in einem Sarkophag aus weißem griechischen Marmor bestattet, der heute im Westwerk steht.
In der Zeit von 1890 bis 1892 wurde das Westwerk romanisch restauriert. Dabei hatte man die Vorhalle fast halbiert.
Die Aussenfassade des Westwerks ist durch Pilaster und Sehnen gegliedert, die aus unterschiedlichen Materialien gefertigt sind, aus hellem Tuffstein und rötlichem Sandstein. An der Südfassade des Westwerks wurde die Möglichkeit
des Ertastens wieder rege genutzt. Dr. Bock referierte, dass die Kirche
eine wechselvolle Geschichte erlebte. Zum Beispiel gehörte sie im
12. Jahrhundert zu einer wehrhaften Klosteranlage und
wurde um 1160 von der einschiffigen Saalkirche zu einer
dreischiffigen Basilika erweitert. Die französische Besetzung Kölns
brachte 1794 die Auflösung des Klosters mit sich. Zeitweise wurde die Kirche als
Pferdestall, nach 1815 in der Preußenzeit als evangelische Garnisonskirche genutzt. Sogar für die Nachrichtentechnik war sie von Bedeutung, wurde doch
auf dem mittleren Turm ein optischer Telegraph installiert, der Nachrichten von und nach Berlin schnell übermitteln sollte. Die Technik entwickelte sich weiter und damit wurde diese Einrichtung überflüssig. Eine Bemerkung nebenbei: In Flittard steht die einzige noch vollständig erhaltene Station der optischen Telegraphenlinie „Koblenz – Berlin“.
Heute ist St. Pantaleon nach einem Tausch im Jahre 1922 katholische Pfarrkirche. In der Kirche erwartete uns ein weiteres Highlight: die südliche Treppe zur Kaiserempore. Wir wurden von Herrn Dr. Bock aufgefordert, diese Treppe „höfisch zu beschreiten“! Der Kaiser durfte sich nicht anstrengen, deshalb sind die Stufen in sehr angenehmer Höhe ausgebildet, so dass wir alle ohne Anstrengung die Kaiserempore erreichen konnten. Selbst der Führhund Niven schritt höfisch. Von der Kaiserempore hatten wir einen tollen Blick auf den gesamten Kircheninnenraum mit dem Lettner aus Stein, dem Reliquienschrein von St. Albanus (Albinus) aus der Zeit um 1186, der Orgel und dem Hochaltar aus
dem Barock, der so schwer war, dass die darunter liegende Krypta im 17.
Jahrhundert zugeschüttet wurde. Erst im 19. Jh. wurde die Krypta wieder frei gelegt.
Mit dem Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg wurde versucht, die romanische Architektur wiederherzustellen. So wurde das Deckengewölbe durch die ursprüngliche Flachdecke ersetzt. Die großen Figuren auf dem Lettner werden der
Werkstatt von Tilman Riemenschneider zugeordnet. Ein Besuch in der Krypta durfte natürlich nicht fehlen. Hier befindet sich der Sarkophag von Bruno, der auf eigenen Wunsch in St. Pantaleon bestattet wurde. Er war der Bruder Ottos I., der Klostergründer und Erzbischof von Köln.
Damit endete nach ca. 2 Stunden diese interessante Führung. Frau Palm bedankte sich im Namen der Gruppe mit einem Präsent bei Herrn Dr. Bock. gleichzeitig informierte sie uns, dass eine Führung in St. Severin im
kommenden Jahr bereits in Planung ist. Als Sehende war ich beeindruckt, wie anschaulich Herr Dr. Bock erklärte und wie sehr die Teilnehmer mit geringem oder keinem Sehvermögen es gelernt haben, mit den Ohren und Händen zu sehen.
Den Abschluss der Veranstaltung bildete traditionell der gemeinsame Besuch eines Brauhauses. Diesmal ging es in das nahe gelegene „Reissdorf-Brauhaus am
Griechenmarkt“. Bei einem leckeren Kölsch und guter kölscher Küche kamen wir schnell miteinander ins Gespräch. Viele von uns verabschiedeten sich mit den
Worten „Dann bis nächsten Samstag beim historischen Stadtspaziergang“.
von Joachim und Margarete Schulte