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Selbstbestimmt leben zuhause

Von Redakteur Alexander Gumbert

Das Auge unterliegt, wie jedes andere Organ auch, Alterungsprozessen. Die Sehschärfe lässt mit der Zeit nach, Kontraste werden weniger deutlich wahrgenommen und bei intensivem Licht stellt sich schneller ein Gefühl der Blendung ein. Erkrankungen des Auges oder der Netzhaut sorgen dafür, dass diese Symptome oft schon sehr viel früher einsetzen. Daher gilt es, im Haus oder in der Wohnung das noch vorhandene Sehvermögen bestmöglich zu nutzen.

Blendung vermeiden

Ältere Menschen können ein Lied davon singen: Sonnenstrahlen blenden im Laufe der Zeit stärker als früher. Auslöser kann sogar weiches, diffuses Licht sein, wenn der Himmel bedeckt oder es neblig ist. Im Zuge einer Netzhauterkrankung wird die Blendung in der Regel als noch unangenehmer empfunden. Im Straßenverkehr kann es dann schnell gefährlich werden. Selbst wenn man nur kurz, aber plötzlich geblendet wird, steigt die Unfallgefahr. Deshalb ist es sinnvoll, die Augen zu schützen – im Freien etwa mit einer Lichtschutzbrille und einer Schirmmütze oder einem Hut mit breiter Krempe. In Innenräumen kann es hilfreich sein, einen Teppich auf glänzende Fußböden zu legen, Tischsets mit glänzender Oberfläche zu vermeiden und sich mit dem Rücken zum Fenster zu setzen.

Indirektes Licht

Empfohlen werden vor allem helle, aber blendfreie indirekte Lichtquellen. Auch in Zeiten enorm gestiegener Energiepreise gilt: Es ist nicht hilfreich, durch den Einsatz schwacher Leuchten Strom sparen zu wollen. Moderne, helle Leuchtmittel können effizient und stromsparend eingesetzt werden. Sinnvoll ist auch der Einsatz regelbarer (dimmbarer) Leuchten, so kann die Lichtquelle im Tagesverlauf angepasst werden. Dabei muss es nicht um teure Neuanschaffungen gehen, auch eine im Möbelhaus günstig erworbene Steh- oder Tischleuchte kann in vielen Fällen mit einem Steckdosendimmer nachgerüstet werden. Oft verfügen diese Adapter, die einfach in die Steckdose gesteckt werden, über einen Drehregler, der leicht ertastet werden kann und mit dem das Licht stufenlos gere-gelt wird. Im Baumarkt oder bei großen Onlineanbietern sind solche Geräte zum Preis von zehn bis zwanzig Euro erhältlich.

Auf Kontraste achten

In einer Umgebung mit starken Kontrasten ist es für seheingeschränkte Personen leichter, sich zurechtzufinden, zudem fällt es leichter, Entfernungen einzuschätzen. Die Sturzgefahr kann reduziert werden, indem jede Stufe einer Treppe kontrastreich markiert wird. Im Handel sind Stufenmarkierungen aus Kunststoff, Aluminium oder Edelstahl erhältlich, die mit den Füßen zusätzlich „ertastet“ werden können. Empfehlenswert sind vor allem jene, die nicht zu stark auftragen, damit die Stufenmarkierung selbst nicht zur Stolperfalle wird. Als einfache Sofortmaßnahme werden Stufen alternativ mit farbigem Klebeband markiert. Türrahmen, Handläufe und Lichtschalter sollten ebenfalls in einem deutlichen Kontrast zur Umgebung gestrichen oder mit Klebeband markiert werden. Einige Hersteller haben Lichtschalter und Abdeckrahmen in vielen unterschiedlichen Farben im Programm, darunter auch solche mit tastbaren Symbolen, sodass Schalter leichter voneinander unterschieden werden können. Auch das Tischgeschirr kann so gewählt werden, dass ein hoher Kontrast entsteht.

66 Tipps

Alle hier aufgeführten Tipps und viele weitere mehr finden Sie in der PRO RETINA Broschüre „66 Tipps für Menschen mit Sehbehinderungen“. Die Broschüre kann kostenlos in der Geschäftsstelle bestellt werden und steht als Download für Mitglieder auf der PRO RETINA Website bereit. Geben Sie im Suchfeld einfach „66 Tipps“ ein.

Alles an einem festen Platz

Wenn das Sehvermögen nachlässt, wird die Ordnung wichtiger. Gegenstände sollten möglichst immer an derselben Stelle auffindbar sein. Auf dem Fußboden dürfen keine „Stolpersteine“ liegen, die einen Sturz zur Folge haben können. Besonders tückisch sind Gegenstände, die vor oder auf Treppenstufen abgelegt werden. Betroffene sollten unbedingt die Menschen einbeziehen, die mit ihnen zusammenleben und Nachbarn, mit denen gemeinsam das Treppenhaus oder der Garten genutzt wird.

Markierungspunkte

Den Herd einschalten, die Waschmaschine auf 40 Grad einstellen, eine E-Mail schreiben: Der Alltag der meisten Menschen besteht aus vielen Handgriffen, die nebenbei erledigt werden. Wenn die Sehkraft nachlässt, wird das schwieriger. Ein einfaches Hilfsmittel, das im Haushalt gute Dienste leistet, sind selbstklebende Silikon-Klebepunkte. Sie werden zum Beispiel am Drehknopf des Herdes oder der Waschmaschine befestigt. Es gibt sie in unzähligen Größen und Formen, geeignet für nahezu alle Gegenstände, auch für kleine Fernbedienungen oder die PC-Tastatur. Im Handel werden sie auch als Tastpunkte oder Bumpons bezeichnet.

Sprechende Geräte

Wenn ohnehin eine Neuanschaffung geplant ist, können sich Betroffene auch über barrierefreie Haushaltsgeräte informieren. Hersteller wie Feelware rüsten handelsübliche Geräte nach, sodass diese mit Sprachausgabe funktionieren. Grundsätzlich sollte darauf geachtet werden, dass die Bedienung eines Geräts über mindestens zwei Sinne möglich ist. Das bedeutet, dass neben visuellen Informationen auch eine Sprachsteuerung oder tastbare Schalter vorhanden sein sollten. Außerdem sollte die Beschriftung kontrastreich und groß genug sein. Hilfreich ist außerdem, dass die Bedienungsanleitung in einem barrierefreien Format erhältlich ist. Manche Hersteller (zum Beispiel Miele) bieten auf ihrer Website eine gesprochene Anleitung im MP3- oder sogar im DAISY-Format an. Sprechende Fernseher gibt es von den Herstellern Panasonic, Samsung und LG. Grundig arbeitet mit amazon FireTV (Alexa) zusammen. Detaillierte Informationen dazu finden Interessierte auf hörfilm.info.

PRO RETINA Leitbild – Selbstbestimmt leben

„Forschung fördern – Krankheit bewältigen – selbstbestimmt leben“ lautet das Leitbild der PRO RETINA. Dieses Motto gab es nicht von Beginn an. Der Arbeitskreis Leitbildumsetzung schlug dem Vorstand 2014 nach intensiven Diskussionen vor, das Motto im Vereinslogo sichtbar werden zu lassen. Durch den Zusatz „Selbstbestimmt leben“ rückte der Selbsthilfegedanke etwas stärker in den Fokus und damit auch Themen wie Orientierung, Mobilität, Barrierefreiheit, Kontraste.

In der Retina aktuell 1/2014 berichtete Helmuth Scheel im Gespräch mit Christiane Bernshausen ausführlich von den Überlegungen, die im Vorfeld im Arbeitskreis stattgefunden hatten: „Forschung fördern, Krankheit bewältigen, selbstbestimmt leben – das ist unsere Vision. Das sind die Schlagworte für die Themen, für die wir uns einsetzen.“

Erschienen in der Retina aktuell, Nr. 166