Möchten Sie die Darstellung der Website ihren persönlichen Bedürfnissen anpassen?
Die Einstellungen können Sie auch später noch über das Symbol
ändern.
Was ist eigentlich der Visus?
Der Visus (Sehschärfe) gehört zu den wichtigsten messbaren Parametern des Sehens. Viele rechtliche Vorschriften und Auswahlbedingungen basieren auf dem Visus. So wird z.B. auch der Grad der Sehbehinderung in der Regel am Visus festgelegt. Zusätzlich ist der Visus ein wichtiges Kriterium in der Verlaufskontrolle von Augenerkrankungen und nicht zuletzt auch in klinischen Studien.
Messung des Visus
Unter der Sehschärfe, auch Erkennungssehschärfe genannt, versteht man die Fähigkeit des Auges, zwei Punkte getrennt voneinander wahrzunehmen. Die beiden Punkte bilden in der Stelle des schärfsten Sehens (Fovea centralis) einen Winkel, die Winkel-Sehschärfe. Somit stellt der Visus ein Maß für die Sehfunktion in der Netzhautmitte, namentlich in der Makula dar. Er ist daher von großer Bedeutung v.a. für die Beurteilung von Makulaerkrankungen bzw. von Erkrankungen mit Beteiligung der Netzhautmitte. Die Visusbestimmung erfolgt in der Regel mit der bestmöglichen Brillenkorrektur, man spricht dann auch vom bestkorrigierten Visus.
Einheit der Winkel-Sehschärfe ist die Winkelminute (1`). Dabei entspricht der Wert einer Winkelminute einer Ortsauflösung von 1,5 mm bei 5 m Abstand. Die Erkennungssehschärfe wird im medizinischen Sprachgebrauch oft als Visus bezeichnet. Er wird als Kehrwert dieses Winkels angegeben. Der einheitenlose Normalwert des Visus liegt bei 1,0. Dieser „Normalwert“ bedeutet, dass ca. 95% der normal sehenden Bevölkerung einen Visus von 1,0 oder mehr aufweisen, so sind also auch höhere Visuswerte durchaus möglich.
Sehschärfe Sehtest
Der Visus wird mit Hilfe eines Sehschärfe-Sehtests gemessen. Als klassischen Sehtest kennen wir den „Sehtest mit Buchstaben“. Eine Zeile gilt als bestanden, wenn mehr als 60% korrekt erkannt werden. D.h. 3 von 5 Sehzeichen müssen richtig erkannt werden. Die Prüfung wird beim ersten Sehwert, der nicht bestanden ist, beendet. Die bestandene Zeile darüber gilt als ermittelter Visus.
Normierter Sehtest nach Landolt
Soll der Augenarzt ein Gutachten erstellen, muss er die Visusmessung nach einem DIN Normsehzeichen, dem Landolt Ring, durchführen. Der Test ist nach dem Erfinder, dem Schweizer Augenarzt Edmund Landolt (1846-1926), benannt worden. Dabei handelt es sich um Kreise, die an einer Stelle unterbrochen sind. Die Lücke kann sich an unterschiedlichen Stellen des Kreises befinden.
Der Arzt sollte bei jedem angebotenen Landoltring eine eindeutige Aussage über die Lage der Lücke erhalten. Bei unsicheren Patienten, die keinen Fehler machen wollen und keine Aussage machen, würde ein zu niedriger Visus als Ergebnis bestimmt.
Angabe der Sehschärfe in Prozent?
Liegt ein Sehwinkel von 1 Grad vor, ist die Sehschärfe 1/1. Das entspricht einem Visus von 1,0. Besteht ein Sehwinkel von 10 Grad, liegt der Visus bei 0,1. Im täglichen Sprachgebrauch wird der Visus oftmals auch in Prozent angegeben, was zu Verwirrungen führen kann. Rechnerisch entspricht ein Visus von 1,0 100%. In unserem alltäglichen Verständnis stellt ein Visus von 100 % eine normale volle Sehschärfe dar. Der Prozentwert hat aber weder eine Bezugsgröße (% wovon?) noch ein Nullpunkt. Der normale Visus beträgt bei Menschen ohne Seheinschränkung 1,2 bis 2,6. Hinzu kommt eine normale abnehmende Sehschärfe im Alter. Außerdem suggeriert der Prozentwert, dass eine Abnahme um den gleichen Wert z.B. um 10% auf allen Stufen der Sehschärfe in ihrer Auswirkung für die Patienten immer identisch ist. Dies ist nicht korrekt, denn in den unteren Visusbereichen wirken sich weitere Einbußen des Auflösungsvermögens dramatischer aus.
Unterschiedliche Messergebnisse
Die Testergebnisse können je nach Tageszeit, Beleuchtung und individuellem Wohlbefinden unterschiedlich ausfallen. Sehtests können, auch wenn sie kurz nacheinander gemessen wurden, sich unterscheiden. In einer von Petersen durchgeführten Studie (Opthalmologe 90, 1992) waren Abweichungen bei Mehrfachmessungen üblich. Bei einer wiederholten Visusmessung erhielten 30% den gleichen Visus. Bei 50% der Probanden wich der Visus um eine Zeile ab. Bei 15% der Probanden konnte sogar eine Abweichung von 3 Zeilen festgestellt werden.
Probleme bei der Visusbestimmung
Probleme bei der Visusbestimmung sind Gesichtsfeldausfälle. Gesichtsfeldausfälle können je nach Augenerkrankung im zentralen oder im peripheren Bereich liegen. Insbesondere Patienten mit zentralen Gesichtsfeldausfällen scannen oftmals die Sehtafeln ab. Es suggeriert dem Augenarzt einen besseren Visus als der Betroffene tatsächlich in der Netzhautmitte hat. Dies kann insbesondere bei Gutachten problematisch sein.
Insgesamt stellt die Visusbestimmung aufgrund der o.g. Einschränkungen zwar kein objektives Meßverfahren dar der Visus ist aber ein wichtiges Maß für die Seheinschränkung z. B. bei Patienten mit Makulaerkrankungen bzw. Erkrankungen mit Beteiligung der Netzhautmitte.
Autorin: Dr. Sandra Jansen, PRO RETINA Deutschland e.V.