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Altersblindheit: Erbfaktoren und Immunsystem beeinflussen das Erkrankungsrisiko

Die altersabhängige Makuladegeneration (AMD) ist die häufigste Erblindungsursache in den Industrienationen. Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass genetische Varianten in der Regulation des körpereigenen Immunsystems das Erkrankungsrisiko maßgeblich beeinflussen können. Diese Erkenntnisse präsentierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf dem internationalen Forschungskolloquium der PRO RETINA-Stiftung zur Verhütung von Blindheit, das am 29. März in Potsdam zu Ende ging.

AMD – Volkskrankheit mit gravierenden Folgen

In Deutschland sind schätzungsweise 4,5 Millionen Menschen von AMD betroffen. Die Erkrankung führt zu einer allmählichen Zerstörung der Makula – der Stelle des schärfsten Sehens – und beeinträchtigt damit Lesen, Erkennen von Details und die selbstständige Lebensführung. Neben bekannten Risikofaktoren wie dem Rauchen spielt auch die genetische Veranlagung eine bedeutende Rolle.

Immunsystem stärker beteiligt als bislang angenommen

Zunehmend rückt das körpereigene Abwehrsystem, insbesondere das Komplementsystem, in den Fokus der Forschung. Dieses System bildet einen zentralen Teil der angeborenen Immunabwehr. Genetische Varianten bestimmter Regulatorproteine können dazu führen, dass Entzündungsprozesse unzureichend kontrolliert werden.

Wie Professor Peter Zipfel (Leibniz Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie, Jena) in Potsdam erläuterte, kann eine veränderte Form des Komplementfaktors H die Aktivität des Komplementsystems schlechter bremsen. Vermutet wird, dass eine gestörte Regulation zu einer chronischen, krankheitsfördernden Entzündung im Bereich der Netzhaut führt.

Studien bestätigen systemische Aktivierung des Komplementsystems

Ein deutsch-englisches Forschungsteam unter Leitung von Dr. Hendrik Scholl (Universitäts-Augenklinik Bonn), gefördert durch die PRO RETINA-Stiftung, konnte darüber hinaus nachweisen, dass das Komplementsystem bei AMD-Betroffenen im gesamten Körper überaktiv ist. Dies belegten sowohl Messungen von Komplementproteinen im Blut als auch genetische Untersuchungen an 112 AMD-Patienten und 67 gesunden Vergleichspersonen. Besonders auffällig war die enge Verbindung zwischen erhöhter Komplementaktivität und vorliegenden genetischen Risikovarianten.

In späten Erkrankungsstadien scheint das Komplementsystem jedoch eine geringere Rolle zu spielen. Die Forschenden gehen daher davon aus, dass es vor allem in frühen Phasen der AMD entscheidend in den Krankheitsprozess eingreift.

Bedeutung für Diagnostik und Therapie

Die neuen Erkenntnisse eröffnen wichtige Perspektiven für die medizinische Versorgung. Professor Frank Holz, Präsident der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, betonte in Potsdam, dass die Immunmechanismen künftig eine zentrale Rolle in der Frühdiagnostik spielen könnten. Zudem ergeben sich potenzielle neue Angriffspunkte für therapeutische Entwicklungen.

Austausch zwischen Grundlagenforschung und Klinik

Das 4. internationale PRO RETINA-Forschungskolloquium brachte rund 150 Expertinnen und Experten aus Deutschland, Europa und den USA zusammen. Ziel der Tagung war der enge Austausch zwischen klinischer und experimenteller Forschung, um neue Ansätze zur Behandlung bislang schwer therapierbarer Netzhauterkrankungen zu entwickeln.

Die Veranstaltung wurde geleitet von

  • Prof. Dr. Klaus W. Rüther (Berlin),
  • Prof. Dr. Olaf Strauß (Regensburg) und
  • Prof. Dr. Bernhard Weber (Regensburg).

DIE PRO RETINA-STIFTUNG ZUR VERHÜTUNG VON BLINDHEIT

Die Pro Retina-Stiftung wurde 1996 gegründet und ist seit 2007 juristisch eigenständig. Sie hat die Aufgabe, die Forschung auf dem Gebiet der Netzhaut-Erkrankungen zu fördern. Sie stellt finanzielle Fördermittel zur Verfügung, um Forschungsprojekte voranzubringen und um wichtige Vorhaben anzuschieben. Das langfristige Ziel ist, dazu beizutragen, dass Wissenschaftler und Ärzte wirksame Therapien zur Behandlung von Netzhaut-Erkrankungen entwickeln können.

DIE PRO RETINA DEUTSCHLAND e. V.

Die PRO RETINA Deutschland e. V. - Selbsthilfevereinigung von Menschen mit Netzhautdegenerationen - wurde 1977 von Betroffenen und deren Angehörigen als gemeinnütziger Verein gegründet, um sich selbst zu helfen. Es ist eine bundesweit tätige Organisation mit derzeit 64 Regionalgruppen und mehr als 6.000 Mitgliedern.