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„AI Catcher: KI-Revolution im Gesundheitswesen“

Berliner Begegnung 2025 beleuchtet Chancen und Grenzen von Künstlicher Intelligenz für Menschen mit seltenen Netzhauterkrankungen

Unter dem Motto AI Catcher: KI-Revolution im Gesundheitswesen fand am 23. Oktober 2025 die vierte Berliner Begegnung in der Kaiserin-Friedrich-Stiftung in Berlin statt. Sie steht in der langjährigen Tradition der Reihe „PRO RETINA im Dialog“. Expertinnen und Experten aus Forschung, Medizin und der Patientenorganisation diskutierten gemeinsam mit Betroffenen über Chancen, Risiken und Perspektiven des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Augenheilkunde – insbesondere im Hinblick auf seltene, erblich bedingte Netzhauterkrankungen.

Die hybride Veranstaltung beleuchtete, wie der Einsatz von KI Diagnostik, Therapie und Alltagsunterstützung von Menschen mit Sehverlust verbessern kann – und welche politischen, ethischen und praktischen Rahmenbedingungen es dafür braucht.

Forschung trifft Patientenperspektive

Bereits in den Impulsvorträgen wurde deutlich: KI kann Ärztinnen und Ärzte entlasten, Diagnosen präzisieren und Forschung beschleunigen. Entscheidende Kriterien müssen dafür aber auch der häufig vernachlässigte konkrete Nutzen und die Auswirkungen für Patientinnen und Patienten sein. „KI ist ein echter Gamechanger, auch in der Versorgung der Betroffenen“, betonte Dario Madani, Geschäftsführer der PRO RETINA Deutschland e. V. in seiner Begrüßung.

Dr. Frank Brunsmann, Fachbereichsleiter Diagnose und Therapie der PRO RETINA, forderte, dass sich Forschungsprogramme und Projekte mehr am Bedarf und Nutzen für Betroffene orientieren und diese in den Forschungsprozessen auch stärker beteiligen: „Die Stimme der Patientinnen und Patienten wird noch zu wenig gehört. Forschung darf kein Selbstzweck sein.“ Dr. Bettina von Livonius (LMU München) stellte die Möglichkeiten und Grenzen von KI-gestützten Hilfen für Mobilität, Alltag, Unterricht und Beruf dar. Dabei betonte sie, dass KI-Anwendungen Schulungen und Menschen nicht ersetzen, sondern sinnvoll in Unterricht und Trainings integriert und so niederschwellig zugänglich sein sollten. Prof. Dr. Peter Krawitz (Universität Bonn) und Dr. David Merle (University College London) stellten aktuelle Forschungsergebnisse zur KI-basierten Diagnostik vor und zeigten, wie datengetriebene Systeme ärztliche Entscheidungen ergänzen, aber nicht ersetzen können. Eindringlich warnte insbesondere David Merle in seinem Vortrag vor menschlichem Kompetenzverlust. Peter Krawitz machte deutlich, dass vor allem bei seltenen Erkrankungen die internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf Daten wichtig, Deutschland hier aber mit seinen Rahmenbedingungen nicht konkurrenzfähig sei und aus diesem Grunde bei internationalen Kooperationen häufig nicht mithalten könne. 

Die Expertinnen und Experten waren sich einig, dass im Hinblick auf die Bedingungen und die internationale Wettbewerbsfähigkeit für die Forschung und Versorgung am Standort Deutschland noch erhebliches Potenzial ist.

Diskussion: Rahmenbedingungen für sinnvolle KI

In der anschließenden Podiumsdiskussion, die von dem Moderator und Gesundheitsexperten Marcel Weigand geleitet wurde, hob PRO RETINA-Geschäftsführer Dario Madani die Bedeutung der KI für Menschen mit seltenen Netzhauterkrankungen hervor: „Betroffene und Ärzte können dank KI auf Augenhöhe kommunizieren. Sie ermöglicht, gemeinsam Therapie-Entscheidungen zu treffen.“ Einig waren sich die Teilnehmenden auch darin, dass der Bürokratieabbau, die bessere Förderung patientenorientierter Forschung sowie die Transparenz bei der Förderung und Durchführung bei KI-Entwicklungen und Innovationsprojekten zentrale Zukunftsaufgaben bleiben, ohne die Deutschland den Anschluss verpassen könnte. Hierzulande gebe es häufig erstklassige Forschungsprojekte. Diese existierten oft unvernetzt und sogar ohne Kenntnis voneinander und würden es letztlich häufig nicht in die praxisbezogene Anwendung schaffen (Stichwort: Translation).

Gefordert wurde von den Expertinnen und Experten auf dem Panel unter anderem:

  • Schulungen sowohl für Medizinerinnen und Mediziner als auch Patientinnen und Patienten zur verantwortungsvollen Nutzung von KI
  • Vermeidung von humanem Fähigkeitsverlust bei zunehmender Nutzung von KI
  • Abbau bürokratischer Hürden bei der Entwicklung von innovativen Anwendungen und Produkten wie Hilfsmitteln, bei unbedingter Wahrung der Qualität und Sicherheit für Patientinnen und Patienten
  • Einheitliche Klassifikation von KI-Anwendungen und Hilfsmitteln im Hinblick auf Sicherheitsanforderungen
  • Förderung translationaler Projekte – damit Forschung effizient in die Praxis kommt und auch international wettbewerbsfähig bleibt
  • Barrierefreie Steuerung von Datenfreigaben durch Betroffene für Forschungszwecke, insbesondere mit Blick auf seltene Erkrankungen

PRO RETINA als Impulsgeberin zwischen Forschung und Betroffenen

Die Berliner Begegnung machte deutlich: PRO RETINA spielt eine entscheidende Rolle als Impulsgeberin und Vermittlerin zwischen Patientenschaft, Wissenschaft und Politik. Geplant ist, künftig auf der Website von PRO RETINA laufende Forschungs- und Entwicklungsprojekte transparent zu dokumentieren und den Austausch mit Forschenden zu intensivieren. Dieses konkrete Ergebnis machte den Brückenschlag zwischen Forschung und Praxis sichtbar.