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Pressemitteilung zum Tag der Seltenen Erkrankungen am 29. Februar 2020

Neues Checkheft unterstützt Krankheitsbewältigung bei seltenen Netzhauterkrankungen

Münster/Bonn – Wie kann man sich im Alltag zurechtfinden, wenn man den Nachbarn auf der anderen Straßenseite nicht mehr erkennt oder an der Supermarktkasse unsicher wird, welchen Geldschein man aus dem Portemonnaie zieht? Seltene chronische Netzhauterkrankungen sind für andere meist unsichtbar. Für Betroffene jedoch bedeuten sie häufig tiefgreifende Veränderungen im täglichen Leben. Ein neues Checkheft unterstützt nun dabei, typische Herausforderungen früh zu erkennen und passende Hilfen in Anspruch zu nehmen.

Ein gemeinsames Projekt für mehr Orientierung

Die Augenklinik des Universitätsklinikums Münster hat im Rahmen eines von der Robert Bosch Stiftung geförderten Projekts gemeinsam mit PRO RETINA Deutschland e. V. ein Checkheft speziell für Menschen mit seltenen Netzhauterkrankungen entwickelt. Es soll in der augenärztlichen und klinischen Praxis eingesetzt werden und Betroffenen unmittelbar nach der Diagnose erste Hinweise geben – mit dem Ziel, alltags- und berufsrelevante Fähigkeiten möglichst lange zu erhalten.

Die Herausforderungen der „Grauzone“ zwischen vollsehend und blind

Es gibt über 100 erblich bedingte Netzhauterkrankungen – alle gelten als selten, für die meisten existiert bislang keine wirksame Therapie. Rund 30.000 Menschen in Deutschland leben mit einer solchen Diagnose. Das Fortschreiten dieser Erkrankungen erfordert kontinuierliche Anpassung.

Prof. Nicole Eter, Direktorin der Augenklinik Münster, betont: „In dieser Grauzone zwischen vollsehend und blind liegen erfahrungsgemäß zahlreiche Bewältigungsprobleme. Wir möchten Betroffene frühzeitig sensibilisieren, damit sie aktiv mit ihrer Situation umgehen können.“

Das Checkheft benennt konkrete Situationen – vom sicheren Überqueren einer Straße bis hin zu alltäglichen Handgriffen – und ermöglicht eine persönliche Standortbestimmung.

Wissen aus der Selbsthilfe: Erfahrungen bündeln

Für die Erstellung des Checkhefts wurden in mehreren Workshops bewährte Tipps gesammelt. Viele erfahrene Mitglieder der PRO RETINA brachten sich mit ihrem Wissen ein.
Die Selbsthilfeorganisation möchte erreichen, dass neu Diagnostizierte frühestmöglich auf Unterstützungsangebote aufmerksam werden. Oft wird der langsam fortschreitende Krankheitsverlauf verdrängt – was Risiken birgt und den Alltag unnötig erschwert.

90 Themenfelder – 90 Chancen, den Alltag zu erleichtern

Das Checkheft umfasst rund 90 alltagsrelevante Kompetenzen aus Bereichen wie Mobilität, Ernährung, Beruf, Freizeit und Haushaltsführung. Es beschreibt einfache Strategien, die als Ausgangspunkt für eine selbstbestimmte Auseinandersetzung dienen sollen. Auch grundlegende Fertigkeiten wie das Erkennen von Münzen und Geldscheinen oder das gezielte Würzen von Speisen werden thematisiert.

Dr. Frank Brunsmann, Fachbereichsleiter Diagnose & Therapie der PRO RETINA Deutschland, hebt hervor: „Der Grundtenor ist optimistisch: Selbstbestimmung und gesellschaftliche Teilhabe bleiben auch mit Sehbeeinträchtigung möglich.“

Wissenschaftliche Begleitung und mögliche Erweiterungen

Im Rahmen des Projekts untersucht die Augenklinik Münster derzeit in einer wissenschaftlichen Studie, wie sich die Übergabe des Checkhefts in der Versorgung auswirkt.
Dr. Natasa Mihailovic, Oberärztin der Klinik, erklärt: „Sollte sich das Checkheft bewähren, denken wir auch an eine Anpassung für andere Patientengruppen, etwa für Menschen mit Altersabhängiger Makuladegeneration.“

Unterstützung durch die Selbsthilfe

Betroffene können sich zudem an die Selbsthilfeorganisation PRO RETINA Deutschland e. V. wenden. In über 60 Städten und Regionen – darunter auch Münster – engagieren sich mehr als 400 Mitglieder, um informierend, beratend und unterstützend zur Seite zu stehen.

Das Checkheft steht auf den Webseiten der Augenklinik und der PRO RETINA zum Download bereit.

Infos und Download des Checkheftes

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