Möchten Sie die Darstellung der Website ihren persönlichen Bedürfnissen anpassen?
Die Einstellungen können Sie auch später noch über das Symbol ändern.

Zum Inhalt springen

ein Erfahrungsbreicht von Iris Timmer

Als ich vor einigen Jahren die Diagnose Morbus Stargardt bekam, fühlte ich mich erstmal ziemlich überfahren von der Aussage meines Augenarztes. Und dann machte ich das, was glaube ich sehr menschlich ist: Ich verschloss die Augen vor meiner Erkrankung. Das funktionierte auch so lange ganz gut, bis ich immer deutlichere Schwierigkeiten im Alltag bekam. So konnte ich irgendwann, als ich endlich wach wurde, schon nicht mehr die Schilder der Autobahnabfahrten lesen. Ich fuhr natürlich immer noch fleißig Auto. Und das mit zwei kleinen Kindern auf dem Rücksitz. Ich besorgte mir dann schnell einen Termin beim Augenarzt und er verkündete mir, was ich ohnehin schon wusste: Mein Visus war so in den Keller gegangen, dass ich nicht mehr Auto fahren durfte und auch, dass ich meinen Beruf als Krankenschwester nicht mehr ausüben kann. Er empfahl mir den Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe.

Im Internet stieß ich dann auf die PRO RETINA.

Recht schnell suchte ich mir eine Selbsthilfegruppe in meiner Nähe und kam so zur Regionalgruppe nach Bremen.

Dort fühlte ich mich so wohl, dass ich versuchte regelmäßig an den Treffen teil zu nehmen. Es tat so gut sich auszutauschen und gute Ratschläge von anderen Betroffenen zu bekommen.Eines Tages erzählte die damalige Leiterin der Regionalgruppe, dass es die Möglichkeit gibt sich zur Makula-Beraterin schulen zu lassen. Ich war Feuer und Flamme.

Da ich gelernte Krankenschwester bin, fand ich das die ideale Gelegenheit noch mehr über meine und natürlich auch über andere Erkrankungen der Makula zu erfahren.

Also nahm ich Kontakt zu Jutta Fürst, der Leiterin des Arbeitskreises Makula auf. Ein Einstieg war schnell möglich! Schon vier Wochen später machte ich mich mit einem mulmigen Gefühl im Magen auf den Weg nach Wernigerode. Was würde mich erwarten? Noch nie hatte ich ein ganzes Wochenende mit Sehbehinderten verbracht. War ich dort wirklich richtig? Mein Visus reichte zwar nicht mehr zum Auto fahren, aber gehörte ich dort wirklich hin? Würde mit den Kindern (damals gerade 1 und 4 Jahre alt) bei Oma alles klappen?

Voller Anspannung betrat ich also den Seminarraum.

Schon vor der Vorstellungsrunde kam ich mit anderen Teilnehmern ins Gespräch. Einige waren wie ich zum ersten Mal da und andere waren schon "alte Hasen"! Wir waren eine bunt gemischte Gruppe, die sich an diesem Wochenende mit dem Thema Kommunikation beschäftigen würde.

Das Seminar wurde von Jutta Fürst und Heidrun Köllner geleitet. Heidrun faszinierte mich vom ersten Moment an! Wie souverän und selbstsicher sie durch das Seminar führte, und das obwohl sie doch selbst betroffen ist! Mit emotionalen Höhen und Tiefen ging es durch das Seminar! An Fallbeispielen wurden Beratungsgespräche geübt. Es war spannend, zu erleben wie unterschiedlich Beratungen ablaufen können, von ruhig und sachlich bis hin zu sehr emotional auf beiden Seiten. Abends ging das Kennenlernen bei einem kleinen Umtrunk gleich noch viel besser. Ich war mittlerweile total froh dabei zu sein und meine Ängste waren wie weggewischt. Endlich hatte ich Menschen kennengelernt, die auch, wie ich, an einer seltenen Augenerkrankung leiden. Und das schon länger - und gut! Es war ein durchweg positives Wochenende.

Als mein Mann mich Sonntag mittags wieder abholte war ich so aufgedreht, dass mein Mund auf der dreieinhalb stündigen Autofahrt nicht still stand.

Natürlich hatte auch mit den Kindern alles gut geklappt!

Nun dauerte es leider drei Monate bis zum Wiedersehen mit den Beraterkollegen.

Im September ging es dann nach Bad Meinberg. Diesmal war die Aufregung anders! Es war eine irre Vorfreude, endlich all die tollen Menschen wieder zu sehen, die ich in Wernigerode kennengelernt hatte. Schon im Zug traf ich eine andere Beraterin, die für mich mittlerweile zur Freundin geworden war. Kaum in Bad Meinberg angekommen ging es auf in die "Cafete", um dort die anderen Teilnehmer bei strahlendem Sonnenschein auf der Terrasse zu begrüßen. Und sofort war sie wieder da! Die vertraute Herzlichkeit. Noch mehr "alte Hasen" waren mit dabei und es wurde ein super Seminar zum Thema Fachkompetenz. Jutta Fürst führte ein in die medizinischen Grundlagen der Makula-Degeneration und -Dystrophie und erklärte Optische Sehhilfen in Theorie und Praxis. Es waren hochkarätige Referenten geladen, die aus Praxis und Forschung referierten. Auch war Heidrun Köllner wieder dabei, und es wurde ausführlich in Gruppen zur Krankheitsbewältigung diskutiert.

In den Pausen und an den Abenden gab es wieder tolle Gespräche. Wer wollte konnte sich aber auch bei einem schönen Waldspaziergang oder beim Schwimmen erholen und entspannen.

Wieder waren wir eine bunt gemischte Gruppe! Von jung bis alt war alles dabei!

Mit dem Zug ging es wieder nach Hause und ich fuhr mit einem lachenden und einem weinenden Auge! Zum einen freute ich mich natürlich auf meine Familie, zum anderen war ich aber auch etwas traurig, da es bis zum nächsten Wiedersehen nun fast ein halbes Jahr dauern würde.

Im März ging es dann ins verschneite Wernigerode zum Seminar Kernkompetenzen.

Wir waren nur eine kleine Gruppe von acht Frauen, und so war dieses Seminar sehr intensiv. Zu Beginn stellte uns die Seminarleitung die Frage, welche Erwartung wir an das Seminar haben. Wie aus der Pistole geschossen antworteten wir zu dritt: „Wir wollen fertig werden!&ldquo Es ging um Vereinsstrukturen und Ziele der PRO RETINA aber auch um Themen wie Stress bei Sehbehinderungen, Arbeitsorganisation und Ordnungssysteme. In dieser kleinen Gruppe wurden die Themen mit viel Spaß und Gelächter gemeinsam erarbeitet. An einem Vormittag wurde die historische Altstadt erkundet. Und am Ende der zwei Tage hieß es für drei von uns: "Herzlichen Glückwunsch! Ihr seid Makula- Beraterinnen!" Ich habe in diesen Seminaren nicht nur für meine zukünftige Tätigkeit als Beraterin gelernt!

Ich habe auch sehr viel über mich gelernt! Ich habe neue Freunde gefunden, die ich nie wieder missen möchte. Ich habe Strategien gelernt, wie ich Situationen meistere, die für mich schwierig sind.

Mein Fazit ist: Ich würde es jederzeit wieder tun, denn hier gehöre ich hin!

Wer Makula-Berater werden möchte, sollte selbst betroffen sein und bereits einigermaßen stabil im Umgang mit der Beeinträchtigung sein.

Ferner müssen drei Wochenend-Seminare absolviert werden:

  • Kernkompetenzen für Berater umfasst Organisation, Aufgaben und Ziele der PRO RETINA, Arbeitsorganisation und Zeitmanagement.Ersatzweise kann auch das Seminar Kernkompetenzen im AKW anerkannt werden.
  • Seminar für Berater bietet medizinische Grundkenntnisse, Krankheitsbewältigung und Informationen zu aktuellen Themen.
  • Kommunikationstraining bietet Grundlagen für Beratungsgespräche und entsprechende Übungen.