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NON 24 und Tipps bei Schlafproblemen
von Christian Schulte
Bei unserer Telefonkonferenz am 16.04.21 hielt Werner Cassel von der Uni-Klinik Marburg einen sehr interessanten Vortrag über diese Tag-Nacht-Rhythmus-Störung NON 24 und gab Tipps für einen besseren Schlaf. Er war schon mehrmals in Gesundheitssendungen des Hessischen Rundfunks zu Gast. Herr Cassel schilderte alles sehr gut verständlich und beantwortete alle Fragen.
Eingangs berichtete er, dass der Schlaf für Menschen sehr wichtig ist. Der Körper ruht sich aus und man tankt dadurch Energie für den kommenden Tag. Zudem werden während des Schlafs die Informationen und Erlebnisse des abgelaufenen Tages verarbeitet, der Körper produziert Wachstumszellen und regeneriert sich. Menschen, die schlecht schlafen sind am Tag müde, unkonzentriert und gereizt. Regelmäßiger schlechter Schlaf kann zu Depressionen, Angststörungen und bis hin zum Suizid führen.
Die meisten Menschen haben einen regelmäßigen 24-stündigen Tag/Nacht-Rhythmus. Wenige Zellen am Sehnerv sorgen dafür, dass der Körper bei Dämmerung und Dunkelheit vermehrt das Schlafhormon Melatonin ausschüttet, welches in der Zirbeldrüse produziert wird. Somit wird man müde und kann meistens gut und regelmäßig schlafen. Allerdings weiß man aus Untersuchungen, dass dieser Rhythmus nicht bei allen 24 Stunden beträgt. Bei einigen können dies zum Beispiel 25 Stunden sein. Somit verlagert sich dieser Rhythmus immer weiter nach hinten, was zwangsläufig zu Schlafproblemen führt.
Besonders voll erblindete Personen, die weder hell noch dunkel sehen, und wo infolge dessen kein Melatonin ausgeschüttet wird, sind häufig davon betroffen. Da sich in Marburg einige Bildungseinrichtungen für blinde Menschen befinden, ist Herr Cassel schon seit vielen Jahren mit dieser Problematik vertraut. Er berichtete von einem jungen Mann, der während seiner Ausbildung ab und an einschläft, da er nachts kaum geschlafen hat und so Probleme bekommen hat.
Allerdings wurde schon vor einiger Zeit ein Medikament entwickelt, welches bei regelmäßiger Einnahme am Abend dafür sorgt, dass auch bei blinden Menschen mit entsprechenden Problemen das Schlafhormon ausgeschüttet wird. So kann hier recht schnell ein regelmäßiger Schlaf erreicht werden. Das Medikament kostet allerdings 7.500 Euro, wird aber von den Krankenkassen bezahlt (vorschreibungspflichtig). Auf die Nachfrage, warum dieses Mittel so teuer ist, antwortete Herr Cassel, dass von NON 24 nur relativ wenige Menschen betroffen sind. Deshalb würde sich die Produktion für die Pharma-Industrie nur dann lohnen, wenn gewährleistet ist, dass sie die langen und teuren Forschungskosten wieder durch den Verkauf hereinbekämen. Immerhin könnten so auch Menschen, die an einer seltenen Erkrankung leiden, zu einem Medikament kommen, welches ihnen hilft und die Lebensqualität verbessert. Er verschreibt ein Medikament, dessen Namen ich hier leider nicht erwähnen darf, nur bei blinden Patient/innen und wenn NON 24 nachgewiesen ist. Es ist ein Chrono-Therapeutikum, also kein Schlafmittel, was meist abhängig macht. Bei anderen NON 24-Betroffenen verschreibt er meist Serotonin, welches die Melatonin-Produktion anregt. Es ist deutlich günstiger.
Vor der endgültigen Diagnose müsste aber eine Untersuchung bzw. Überwachung des Schlafs im Schlaflabor stattfinden. Eine Teilnehmerin fragte, wo sie erfahren würde, wo das nächste Schlaflabor ist. Man kann dies bei einer kostenlosen Hotline erfragen. Die Nummer findet Ihr am Ende dieses Artikels. Ich fragte, ob der Hausarzt/die Hausärztin eine Überweisung für das Schlaflabor ausstellen muss. Dies ist erforderlich. Herr Cassel sagte, dass man am besten so vorgehen sollte: Betroffene schildern, dass sie oft schlecht schlafen können. Im Internet hätten sie recherchiert und herausgefunden, dass dies eventuell NON 24 sein könnte. Auf keinen Fall solle man sofort mit Bestimmtheit sagen, dass man NON 24 hat.
Dann versorgte uns Herr Cassel noch mit Infos zum Schlafverlauf. Zunächst erfolgt eine Tiefschlafphase, dann wird er Schlaf flacher und es gibt eine Traumphase. Dies widerholt sich während der Nacht einige Male. Richtung Morgen wird der Schlaf aber immer flacher und man träumt mehr. In der Regel wacht man 25 Mal kurz auf, schläft dann aber sofort wieder ein und kann sich am Morgen oft nicht daran erinnern.
Allerdings gibt es bei einigen Menschen häufiger Einschlafprobleme oder sie können nach dem nächtlichen Aufwachen nicht wieder einschlafen. Deshalb rät Herr Cassel, gerade in dieser Zeit ab dem frühen Abend keine Nachrichten oder Talkshows mehr zu schauen, da durch die Berichterstattungen über die Corona-Situation bei vielen Menschen Angst und Panik erzeigt wird, was dazu führt, dass sie nicht einschlafen können. Stattdessen sollte man den Abend in Ruhe mit gedämmtem Licht, schöner Musik oder einem Hörbuch ausklingen lassen. Man sollte sich aber nicht vornehmen, unbedingt einschlafen zu müssen, da es dann in der Regel nicht funktioniert. Oft würde man beim Hören einer schönen Geschichte ganz von allein einschlafen.
Auch wenn man nachts aufwacht, sollte man nicht ständig auf die Uhr schauen und anfangen zu grübeln, wozu der Mensch oft neigt. Stattdessen sollte man auch hier ein schönes Hörbuch einlegen und entspannt im Bett liegend zuhören.
Am Schluss bedankte ich mich für den sehr informativen Vortrag, den wir alle aufmerksam verfolgten und Fragen stellten. Er dauerte knapp eineinhalb Stunden. Im Anschluss sprachen wir noch einige andere Themen an. Hier nun die versprochene kostenlose Hotline, unter der man mehr Hilfen über NON 24 erfragen kann: (08 00) 6 33 89 66 36
Bei den Veranstaltungen/Terminen sind auch alle Termine für weitere telefonische Vorträge zum Thema vermerkt.