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Und was, wenn es ganz dunkel wird?

Ein Erfahrungsbericht von Elke Unger-Robra

Portrait von Elke Unger-Robra
Portrait von Elke Unger-Robra

Elke Unger-Robra lebt mit dieser bedrückenden Frage.
Lange war die Retinitis pigmentosa für Elke Unger-Robra nur eine Begleiterin im Hintergrund. Sie war 34 Jahre alt, ihre Heimat, die DDR, war gerade zur Bundesrepublik geworden und für’s Autofahren galten neue Regeln: man konnte einen Führerschein machen, der zum Fahren bei Tag berechtigt. Das war verlockend. Bislang hatte ihre hartnäckige Nachtblindheit sie am Fahren gehindert. Der Termin beim Augenarzt verlief unspektakulär. Er bat sie nur, sich bei einem Spezialisten vorzustellen. Dieser, sagt Elke Unger-Robra noch immer empört, hätte nur zwei Sätze parat gehabt: ‚Sie haben Retinitis pigmentosa und sie werden blind.‘ Sie habe sich bei ihm darüber beschwert, aber erst viel später.

Trotzdem sei die Zeit nach diesem ärztlichen Urteil reich an Erfahrungen gewesen. Ihren Arbeitgeber informierte sie erst zwei Jahre nach der Diagnose über die Krankheit. Sie studierte inzwischen Bankfachwirtschaft und konnte noch jahrelang Kunden beraten. Sie zog ihre Söhne groß, verliebte sich neu und heiratete zum zweiten Mal. Ihre Wohnung aber suchte sie schon nach neuen Kriterien. Das Wort „blindengerecht“ kam in ihr Leben. Die Wohnung musste klare Linien haben, barrierefrei und und mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar sein. Jetzt lebt sie hier, findet sich zurecht und entdeckt doch oft Hindernisse im Haus und auf der Straße, die ihr früher, als ihr Blickfeld noch weit war, niemals aufgefallen wären.

Als Elke Unger-Robras Sehkraft weiter nachließ, musste sie in Rente gehen. Jetzt habe sie viel Zeit, zu viel, ihr Temperament sei aber noch an Eile früherer Jahre angepasst. „Ich kann schlecht zwei Stunden lang ein Hörbuch hören. Dabei habe ich die Zeit dazu.“

Alles, was ihr Freude macht, ist mit Augenlicht verbunden: „Ich gehe gerne tanzen, aber ich sehe ja kaum, ob jemand Kontakt zu mir aufnimmt“, erzählt sie. Ein Stadtbummel in Berlin, ein paar schöne Jacketts aussuchen – das macht nicht so viel Spaß wie früher. Und die Freunde? „Ich habe keine wichtigen Menschen verloren“, sagt Elke Unger-Robra, „aber ich habe nichts zu erzählen, wenn wir uns treffen. Die anderen arbeiten ja noch alle und bei mir passiert so wenig.“

So sehr sie sich auch um Zuversicht bemüht, so deutlich schiebt sich doch immer wieder die Frage in ihren Sinn: Und was ist, wenn es ganz dunkel wird? Fünf Prozent Sehkraft hat sie jetzt noch. Genug, um sich in Berlin zurecht zu finden. Aber dann? Sie bewundert Menschen, die sie von PRO RETINA kennt, die auch als Blinde aktiv und lebensfroh sind. Ihr eigenes Engagement beim RP-Stammtisch und der Berliner Gruppe gibt ihr Halt und Kraft. Sie hofft, dass sie das Leben in seinem nächsten, sicher zu erwartenden Stadium auch meistert und sei es mit einer Anleihe bei der Kraft ihres Mannes. „Er ist immer optimistisch.“